Das bildet!

Vor mehr als zehn Jahren brachte die Dokumentarfilminitiative ­Nordrhein-Westfalen das Thema Dokfilme für Kinder ins Gespräch
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Vor mehr als zehn Jahren brachte die Dokumentarfilminitiative ­Nordrhein-Westfalen das Thema Dokfilme für Kinder ins Gespräch. Inzwischen hat sich viel getan – eine vorläufige Bilanz

Auch wenn im 2010 erschienenen Reclam-Band zum Kinder- und Jugendfilm unter 69 Filmen keine einzige dokumentarische Arbeit ist: Beim Blick auf die Film- und Fernsehlandschaft selbst lässt sich feststellen, dass die gesteigerte Aufmerksamkeit für nicht-fiktionale Formen mit Verzögerung auch den Kinderfilm erreicht hat. Existent war Dokumentarisches für Kinder vor allem im öffentlich-rechtlichen Fernsehen schon immer – man denke an die »Sachgeschichten« in der »Sendung mit der Maus«. Doch als bewusste ästhetische Praxis wurde es öffentlich nicht wahrgenommen oder gar verhandelt.

Das änderte sich in Deutschland nach einem europäischen Symposium in Köln, mit dem die Dokumentarfilminitiative Nordrhein-Westfalen 2001 das Thema einer interessierten Öffentlichkeit näherbrachte. Die Tagung war Bestandsaufnahme und Aufbruchsplattform zugleich und brachte mit der Präsentation von best practice-Beispielen aus Dänemark und den Niederlanden auch bei uns wichtige Initiativen ins Rollen: allen voran das 2004 von Gudrun Sommer begründete und bis heute von ihr geleitete Festival »doxs! dokumentarfilme für kinder und jugendliche«, das parallel zur Duisburger Filmwoche an fünf Tagen im Herbst Schulklassen ins Kino einlädt und das ganze Jahr über mit kontinuierlicher Arbeit an Schulen in die Region ausstrahlt. Ein wichtiges medienpädagogisches Engagement – denn die kollektive Film­erfahrung ist ganz anders als die allein vor TV-Schirm oder Screen. Und viele Kinder und Jugendliche lernen hier eine Spezies von Filmen kennen, die wegen ihrer mangelnden kommerziellen Auswertbarkeit und der oft kurzen Form im Kinoprogramm keinen Platz finden.

Dreizehn Jahre ist das erste Symposium jetzt her. Zeit genug, um eine vorläufige Bilanz zu ziehen, meinte dfi-Leiterin Petra Schmitz. So war das diesjährige dfi-Symposium im September ganz der Frage nach Stand und Perspektiven des Dokumentarfilms für Kinder und Jugendliche gewidmet – wieder im europäischen Kontext. Und immer noch liegen Dänemark und die Niederlande weit vorne mit großzügiger Förderung und Aktionsprogrammen, die Fernsehpräsenz, interaktive Onlineauftritte, Festivals und Kinotouren organisch verbinden.

Deutschland ist im Vergleich Entwicklungsland. Doch auch hier hat sich einiges getan. Dabei hat sich das »doxs!«-Festival mit seiner gebündelten Kompetenz im Bereich medialer Kinderbildungsarbeit in doppelter Hinsicht als Anknüpfungspunkt für Entwicklungen erwiesen. Einmal haben mittlerweile auch viele andere Dokumentarfilmfestivals eigene Kindersektionen gegründet, wie »DOK macht Schule« in Leipzig oder »DOK.education« in München. Zum anderen gibt es Spin-offs aus dem »doxs!«-Umfeld selbst wie die Programme »dok you« (mit dem WDR) und »doku.klasse 2014« (mit 3sat), die die Produktion von Dokumentarfilmen mit der Fortbildung von Filmemachern und Lehrern verbinden und dabei Kinder und Jugendliche aktiv an der Herstellung beteiligen: wirkliche inhaltliche Interaktivität weit hinaus über die mittlerweile üblichen Votings. Wie bei anderen ähnlich gelagerten Projekten dient die Partizipation gleichzeitig der Erkundung (und Bindung) der Zuschauerinteressen wie der medialen Bildung. Während »dok you« neben einem wachsenden Filmfundus auch mit der angegliederten filmpädagogischen Internetplattform dokmal.de eine gewisse Breitenwirkung entwickelt, ist die »doku.klasse«  bisher eher ein punktuelles Projekt, das auf hoffentliche Nachahmung setzt.

Filme sind aus diesen und anderen Projekten der letzten Jahre in stattlicher Anzahl hervorgegangen. Und wurden bei der Tagung 2001 wegen der schlechten Verfügbarkeit von 16-mm-Kopien noch Hoffnungen auf die DVD als Medium der Zukunft gesetzt (13 Jahre können eine verdammt lange Zeit sein!), ist ihre technische Verfügbarkeit heute kaum ein Problem. Eher schon, dass viele Lehrer die neuen interaktiven White Boards in ihren Klassenräumen nicht angemessen nutzen können oder wollen, wie der Filmemacher Bernd Sahling aus seiner Arbeit an Schulen berichtete. Schwer ist es oft auch, sich im Onlinedschungel verfügbarer Filme zurechtzufinden, weil durch die föderale Struktur des deutschen Kulturwesens eine zentrale Bündelung wie in den Niederlanden fehlt. Hier mehr Präsenz herzustellen, das ist – neben kontinuierlicher Arbeit an den Projekten – eine der wichtigsten Aufgaben für die Zukunft.

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