Kritik zu Unbeugsam

© Constantin Film

Nach einer wahren Geschichte erzählt Edward Zwick von den Bielski-Brüdern, die sich 1941 in den weißrussischen Wäldern mit anderen Juden vor den deutschen Besatzern verstecken – und sie bekämpfen

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Widerstand gegen die Nazis hat im Kino seit geraumer Zeit Konjunktur. »Black Book« und »Tage des Zorns« zeigen den Widerstand in besetzten Ländern, »Sophie Scholl« und zuletzt der arg bedeutungsschwer diskutierte »Operation Walküre« zeigen deutsche Beispiele. Was bisher kaum gezeigt wurde, ist jüdischer Widerstand gegen Verfolgung und Vernichtung. Edward Zwick widmet sich in seinem neuen Film dem kaum bekannten jüdischen Partisanenkampf.

Basierend auf dem gleichnamigen Sachbuch von Nechama Tec schildert »Defiance« die wahre Geschichte der Bauernsöhne Tuvia, Zus und Asael Bielski, die 1941 nach der Ermordung ihrer Familie in den weißrussischen Wäldern Zuflucht suchen und nach und nach eine ganze Kolonie von Flüchtlingen aufnehmen. Sie bilden dabei auch eine bewaffnete Einheit – aus einer Pistole und vier Kugeln wird bald ein ganzes Arsenal von erbeuteten Waffen. Sie starten Aktionen gegen Deutsche und ihre russischen Kollaborateure, bauen aber auch eine Mikrogesellschaft samt Schule und Krankenhaus mitten im Wald auf. Am Ende des Krieges haben in dieser Kolonie 1.200 Menschen den Holocaust überlebt.

Die ersten Bilder demonstrieren auf recht naive Weise, dass der Film bei aller Dramatisierung ganz authentisch sein will: Von den ersten dokumentarischen Aufnahmen, die grobkörnig von Krieg und Verfolgung zeugen, wechselt er zu weiterhin grobkörnigen und schwarz-weißen, doch inszenierten Szenen, um diese schließlich farbig werden zu lassen. Kameramann Eduardo Serra beschränkt sich während des ganzen Films weitgehend auf Blau-, Braun- und Grüntöne, die den harten Lebensverhältnissen im Wald die passende Atmosphäre verleihen.

Zwicks Protagonisten brechen das Klischee, Juden hätten sich von den Nazis stets passiv wie Opferlämmer zur Schlachtbank führen lassen. Zugleich zeigt er anhand der Opposition der Brüder Tuvia (Daniel Craig) und Zus (Liev Schreiber) den grundlegenden menschlichen Konflikt des Widerstands: Gilt es, angesichts des Terrors selbst Terror auszuüben, wie Zus postuliert – oder liegt der wahre Widerstand gegen die Entmenschlichung im Aufrechterhalten von Gemeinschaft und Menschlichkeit, wie Tuvia es anstrebt? »Wir mögen vielleicht leben wie Tiere, aber wir werden nicht zu Tieren.«

So liefert der Film zwar zahlreiche Actionszenen, die die Konfrontationen mit den Besatzern zeigen, widmet sich aber auch den sozialen Implikationen dieser Untergrundgesellschaft im Wald, ihrem Kampf ums blanke Überleben angesichts von Hunger, Kälte und der ständigen Gefahr der Entdeckung, sowie den Konflikten innerhalb der Gruppe. Motor der Handlung ist die Beziehung zwischen Tuvia und Zus; ihr kleiner Bruder Asael (Jamie Bell) spielt eher eine beiläufige Rolle. Während der Heißsporn Zus sich nach handgreiflicher Eskalation der Führungsstreitigkeiten einer versprengten Einheit der Roten Armee anschließt, wird der eher einzelgängerische Tuvia zum Anführer der Gruppe. Manche stilisieren ihn gar zum »gottgesandten« Erlöser. Immerhin unterläuft der Film diese Stilisierung. Tuvia hat heldenhafte Züge, ist aber weder Erlöser noch Robin Hood. Daniel Craig wächst in seiner Rolle ständig in ein Heldenbild hinein, das dann wieder dekonstruiert wird. Nicht nur in der anfangs gezeigten Rache an russischen Kollaborateuren ist er erbarmungslos, er exekutiert auch ohne viel Federlesen ein Gruppenmitglied, das ihm den Führungsanspruch streitig macht. Und dann ist da noch die Szene, in der ein wehrloser deutscher Gefangener zu Tode geprügelt wird. Tuvia wendet sich ab und lässt es geschehen. So sehr aber moralische Ambivalenzen herausgestellt werden, und so zahlreich auch die Verweise auf jüdische Geschichte und jüdisches Fremd- und Selbstbild sind, so unnötig wird der Film durch allzu konventionelle Mittel aus Hollywoods Handwerkskiste geglättet. Hier noch eine Romanze, da etwas soßige Musik, und natürlich die glückliche Wiedervereinigung der Brüder: Wenn Zus' Kavallerie die fast verlorene Schlacht herumreißt und er und Tuvia sich dann in die Arme fallen, dann umarmt auch der Kriegsfilm seinen älteren Bruder, den Western. Und eine bewegende Geschichte erstarrt in Genrekonventionen.

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