Kritik zu Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder

© GMfilms

2014
Original-Titel: 
Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder
Filmstart in Deutschland: 
01.10.2015
L: 
76 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Alt werden in der Provinz? Nichts für Feiglinge. Schon gar nicht für die schwindende Minderheit der Rumäniendeutschen in Siebenbürgen

Bewertung: 3
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Sanft schmiegen sich Dorf und Landschaft in die saftig grünen Hügel. Das altertümliche Deutsch, das viele Menschen hier organisch mit dem Rumänischen vermischen, klingt ein wenig nach Eifel. Mit den echten Sachsen haben ihre Siebenbürger Namensvettern nichts zu tun. In den 90ern sind nach dem Ende des Ceauşescu-Regimes viele von hier nach Deutschland und Österreich ausgewandert. Zurückgeblieben aber sind die Alten, die keine Westverwandtschaft haben und nun auch auf die traditionelle generationenübergreifende Nachbarschaftshilfe verzichten müssen, die früher zur Altersversorgung diente.

So erzählt es in diesem Film Ursula Pintican, die als Leiterin der evangelischen Diakonie Mediasch verantwortlich ist für das Altersheim in Hetzeldorf, das aus dieser Not entstand. Nun bietet es etwa dreißig Bewohnern eine Heimstatt. Das Besondere: Die Alten arbeiten selbst mit in der Küche, im Stall oder im Gemüsegarten, schaufeln Heu auf den großen Pferdewagen oder füttern die Schweine. Jedenfalls solange sie das gesundheitlich können und wollen. Dreißig Prozent der Heimausgaben kommen so durch Eigenleistung der Bewohner wieder herein. Und diese fühlen sich gebraucht, ja tragen sogar Verantwortung – wenn es auch nur die Aufsicht über eine Hühnerfamilie ist wie im Fall einer 81-jährigen schwer dementen Frau.

Gefeiert wird auch. Bei einer Festlichkeit mit Blasmusik hat die Filmemacherin Claudia Funk zwei gut gelaunte Herren an einen Biertisch platziert. Etwas abseits des Geschehens kramen sie frotzelnd in ihren Erinnerungen; dazwischen bringen sie – wie auch die filmtitelgebende Sequenz – immer wieder vergessene Versatzstücke deutschen Kulturguts zum Vortrag. Als philosophisch-komisches Narrenduo sind die beiden so etwas wie die Leitfiguren in diesem Film, gemeinsam mit der herrlich mürrisch herumkeifenden Anna, die als Heimälteste schon seit sechzehn Jahren im Garten hilft. Aber meist schaut der Film einfach bei dem zu, was die Bewohner den Tag über treiben. Und ihre schmucken tierischen Begleiter: ein Pony mit dem hübschen Namen Eselchen. Kühe. Und eine kleine Schafherde flirrt als bewegter heller Fleck durchs Grün.

Jungs Film ist auch wegen dieser gelungenen Kameraarbeit und der (keineswegs idyllisierten) ländlichen Aussichten eine Augenweide und atmosphärisch eindringlich geraten. Andererseits ist die Beschränkung durch nur vierzehn Tage Drehzeit als inhaltliches Handicap schon zu spüren. Nicht wegen des fehlenden dramatischen Spannungsbogens. Auch jahreszeitliche Entwicklungen, Einblicke in dynamische Prozesse oder eventuelle Konflikte kann es in solch kurzer Zeit einfach nicht geben. Vorsichtig sollte man dabei sein, die Hetzeldorfer Alten-WG als Vorbild für hiesige Seniorenbetreungsmodelle zu verstehen. Dazu sind die zugrundeliegenden Lebensverhältnisse zu unterschiedlich. Doch als Plädoyer für mehr Eigenverantwortung und Selbstständigkeit in fortgeschrittenen Jahren lässt sich die sympathetische Dokumentation eines sympathischen Projekts sicherlich lesen.

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