Kritik zu Auf der sicheren Seite
Gemeinschaft, Sicherheit, Lifestyle: Stichworte, die in der Eigenwerbung sogenannter Gated Communities immer wieder fallen. Corinna Wichmann und Lukas Schmid haben für ihren Dokufilm drei solcher Orte in Afrika, Indien und den USA besucht
Für den gebildeten Abendländer klingt das erst mal nach Höllenpfuhl: »Dainfern«. Dabei ist der in Südafrika bei Johannesburg gelegene Tausendhäuschenort doch ein Paradies, nämlich eine sogenannte Gated Community, in der sich die Reichen gegen ihre weniger wohlhabenden Mitmenschen abschotten. Ins Paradies hinein führt nur der Weg vorbei an Schranke und Pförtnerkabine. Drinnen ist alles blitzblank, drum herum führt ein hoher elektrogesicherter Zaun. Grenzverletzungen habe es in den bisherigen 18 Jahren nicht gegeben, sagt Immobilienmaklerin Brenda, die sich selbst ein Häuschen an bester Stelle ergattert hat und sich bei den Ausflügen nach draußen in ihrem SUV einbunkert. Aber eigentlich müssen die Bewohner das Ghetto kaum verlassen: Country Club, Golfplatz und College sind integriert. Geübte Grenzgänger dagegen sind Brendas Haushälterin, die jedes Wochenende in ihre Wellblechhütte in der Township zurückkehrt, und der Resort-Hausmeister, der stolzer Besitzer eines richtigen Einzimmerhäuschens mit WC ist und sich gern der Illusion hingibt, später einmal selbst eine Villa in Dainfern zu beziehen.
In Bangalore, Indien, dreht der Verkehrsplaner Mr. Masri ein paar Runden im schattigen Pool, bevor er sich über die buckligen Straßen der Stadt zu seinen Geschäftsterminen chauffieren lässt. »Palm Meadows« ist der älteste geschlossene Villenkomplex Indiens. Wäre der Grenzzaun nicht, könnte der Ort fast als »ganz normales« Villenviertel durchgehen. Im Unterschied zu Brenda sieht Mr. Misra das Leben in »Palm Meadows« denn auch weniger als Akt bewusster Abschottung denn als utopisches Vorbild für das ganze Land.
Gemeinschaft, Sicherheit, Luxus, Lifestyle, Utopie: Stichworte, die in der Eigenwerbung der Resorts immer wieder fallen. Die Filmemacher Corinna Wichmann und Lukas Schmid greifen die Werbesprüche als emblematische Einleitungsmottos zu den drei Stationen ihrer dokumentarischen Reise auf, die uns rare Einblicke in die sonst verborgenen Lebenswelten gibt. Natürlich hat das auch eine voyeuristische Komponente. Doch die Filmemacher erliegen nicht der Verlockung billiger Denunziation und entwickeln aus ihrem hochpolitischen Sujet ganz ohne Kommentar eine anregend vielschichtige und widerspruchsoffene Argumentation.
Trauriger Identifikationspunkt ist Stacy, ein pensionierter Naturbursche, der aus Gefälligkeit für seine Frau nach »Spanish Trail« bei Las Vegas gezogen ist – in eine Community, in der der Privatisierungswahn in kollektivierte Isolation umschlägt. Hier darf der einzelne Eigentümer nur noch über das Innere des Hauses und den kleinen Rückgarten frei verfügen. Den Rest besorgt die Zentralverwaltung, die den korrekten Geradewuchs jedes Baumes überprüft und Wachpatrouillen auf ästhetische Verunstaltung durch etwa offen stehende Garagentore ansetzt. Die »schöne neue Welt« lässt grüßen. Stacy flüchtet sich vors Gate zum Radfahren in der wüsten, weiten Landschaft.
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