Kritik zu Ayla
Der in Istanbul geborene und in Deutschland aufgewachsene Su Turhan kombiniert in seinem Spielfilmdebüt Thriller und Liebesmelodram mit dem Thema Ehrenmord
Es gab mal eine Zeit, da schien es, als käme die Rettung des deutschen Films aus der Türkei. In der Folge von Tevfik Baser kamen Yilmaz Arslan, Fatih Akin, Thomas Arslan oder Kutlug Ataman mit spannenden Filmprojekten, die sich ganz selbstverständlich in der neuen multinationalen Gesellschaft bewegten. Der Begriff vom deutsch-türkischen Kino entstand. Parallel dazu entwickelten sich Fernsehformate wie »Türkisch für Anfänger«, die bewusst und ironisch mit den gesellschaftlichen Rollenklischees beider Seiten umgehen, sowohl der deutschen als auch der mit dem sogenannten »Migrationshintergrund«. Wenn man jetzt von einer neuen Welle des deutsch-türkischen Kinos sprechen will, mit Blick auf Filme wie das Regiedebüt der Darstellerin Feo Aladag, »Die Fremde«, oder Su Turhans »Ayla«, letzterer ebenfalls ein Erstlingswerk, dann fällt auf, dass hier von selbstverständlicher Integration keine Rede mehr sein kann.
Zwischen konservativen Werten, Ehrenmord und verbissenem Kampf um weibliche Selbstbestimmung bleibt Su Turhans »Ayla« wiederum ziemlich dem Klischee verhaftet und entwickelt seine Geschichte nahe am Vorurteil entlang. Ayla (Pegah Ferydoni) ist selbstbewusst und lebt allein in einer Altbauwohnung. Sie ist in Beruf und Privatleben unabhängig, arbeitet tagsüber als Kindergärtnerin und nachts in Strapsen und Blondhaarperücke an der Garderobe eines Clubs. Von Hochzeit, zumal einer arrangierten, will sie nichts wissen. Während ihre Schwester aus der Näherei ihres Vaters erfolgreich ein Studio für türkische Brautkleider macht, hat sie den Kontakt zum Vater ganz verloren.
Dann kommt es wie im modernen Märchen: Die Kindergärtnerin Ayla trifft auf den Fotografen Ayhan (Mehdi Moinzadeh), und beide verlieben sich. Ihn fasziniert ihre Unabhängigkeit, sie ist hingerissen von dem schönen Mann. Doch er weiß, dass seine extrem konservative Familie eine moderne Türkin nie akzeptieren wird. Mehr noch, sein Vater verlangt von ihm, seine Schwester, die ihren Mann in der Türkei verlassen hat und mit ihrer Tochter nach Deutschland zurückgekehrt ist, zu töten, um die Ehre der Familie zu retten.
Der Konflikt ist bedrückend, realistisch und mit großer dramatischer Wirkung inszeniert, und doch bleibt der Film damit ungeheuer banal. Jede Figur erfüllt ihre Rolle und weist an keiner Stelle darüber hinaus. Die Sorgen der konservativen Eltern um ihre Ehre bleiben bei Begriffen wie: »Du siehst aus wie eine Nutte«, »Du weißt, was du der Familie schuldig bist« und »Stell' unsere Ehre wieder her«. Dem Themenkomplex Ehrenmord wird in diesem Film nichts weiter hinzugefügt als das schlichte Entsetzen vor der Tat. Statt Hintergründe oder psychologische Motive aufzuzeigen, beschränkt sich Turhan darauf, die Fragestellung zu emotionalisieren. Er verlässt sich dabei ganz auf das bestechend schöne persische Darstellerpaar und siedelt seinen Film zwischen Liebesdrama und Thriller an. Und löst am Schluss seinen gordischen Knoten mit dem Schwert.
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