Kritik zu David Wants to Fly
Erleuchtung garantiert: Im Stil einer »teilnehmenden Beobachtung« heftet sich ein deutscher Jungregisseur an die Versen des großen David Lynch und versucht, dessen Begeisterung für die Transzendentale Meditation auf den Grund zu gehen
Der junge Filmemacher David Sieveking bewundert die Filme des Amerikaners David Lynch. Er hat ein Poster von »Eraserhead« in seiner Berliner Wohnung. Sieveking will auch dunkel sein. Aber er weiß: »Irgendwie fehlten mir die Abgründe.« Die Abgründe wird er außerhalb seiner selbst finden. Sein origineller Dokumentarfilm »David Wants to Fly« ist ein Weg hin zu David Lynch, zur Schule der Transzendentalen Meditation (TM), zu Erleuchtung und Inspiration aus dem Geiste des Maharishi Mahesh Yogi.
Am Ende des Filmprojekts, für das Sieveking fünf Jahre Lebenszeit geopfert hat und das ihn auf den Berliner Teufelsberg, nach Hannover, Holland und Indien, in die Schweiz und in die USA führte, hat er viele Erkenntnisse gewonnen, aber keine Erleuchtung. Denn die Transzendentale Meditation, zu deren vielen berühmten Repräsentanten neben Paul McCartney und Ringo Starr auch David Lynch gehört, mag zwar Kreativität, Gesundheit, beruflichen Erfolg, Weltfrieden, kurz: den Himmel auf Erden versprechen. Doch Sieveking zeigt die Mechanismen eines sinnstiftenden, milliardenschweren, weltweit operierenden Unternehmens, das Züge einer Sekte besitzt. Der TM-Einführungskurs kostete 2007 in Deutschland mehr als 2000 Euro.
David Sieveking erzählt seine Dokumentation in der Ichform. Immer wieder meldet sich der Filmemacher mit persönlichen Bemerkungen aus dem Off. Dabei klingt er manchmal wie ein deutscher Woody Allen. Zum Beispiel wenn er seine Rechercheergebnisse mit Details über sein Liebesleben anreichert. Seine Freundin Marie, die oft im Bild erscheint, geht ihm gewissermaßen während der Dreharbeiten verloren. Der gut gelaunt melancholische Grundton des Films macht die Ermittlungen gegen TM so ungewöhnlich, unterhaltsam und entlarvend zugleich.
Adrian Stählis Kamera hält Donovans weises graues Haupt im Bild fest und David Lynchs poetisch mäandernde Hände. Sie lobpreisen die Lehren des 2008 gestorbenen Maharishi. Er begann seine Jetset-Guru-Karriere, als er 1968 die Beatles in Indien empfing. Auf der anderen Seite stehen die Aussteiger und Kritiker der Transzendentalen Meditation. Earl Kaplan spendete rund 150 Millionen Dollar für TM-Projekte, wie er lächelnd zugibt. Er ging, als ihn nach einem Gespräch mit dem Meister klar wurde, dass Maharishi nicht an seine eigenen Prophezeiungen glaubte.
Vieles von dem, was der Film über TM zusammenträgt, mutet kindlich naiv und sympathisch versponnen an. Die These vom Yogischen Fliegen etwa. Das freie Levitieren, heißt es, sei erlernbar. Es bringe Erleuchtung, verhelfe aber auch zur Umkehrung des Alterns und zur Unsichtbarkeit; es mache auch Wünsche wahr. Wenn genügend Yogische Flieger in Deutschland abheben, werde das Land »unbesiegbar«.
Für solche Einsichten bürgen Operettengestalten wie Raja Emanuel, er ist das TM-Oberhaupt von Deutschland und sieht mit goldenem Kopfschmuck, Kette und Wallegewand aus wie ein peinlicher Witz. Sievekings Film zeigt, dass man diesen Witz ernst nehmen sollte.
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