Kritik zu Black Death
Sean Bean als fundamentalistischer Hardliner: Der britische Regisseur Christopher Smith nimmt uns mit auf eine Reise ins allerfinsterste Mittelalter – und erzählt Erhellendes über Aberglauben und Fanatismus
Man könnte »Black Death« schnell als oberflächliche Action mit einer Portion Mystik und Gore abtun, solches suggeriert jedenfalls der Trailer: lärmendes Pathos in Harnisch und Mönchskutte, »Der Name der Rose« trifft sich mit dem »Hexenjäger« in der Recyclingtonne. In der Tat wird im Film geheimnisvoll getan und gemeuchelt, gekämpft und gefoltert. Doch Regisseur Christopher Smith hat schon mit »Triangle« bewiesen, wie komplex und intelligent er erzählen kann. Und so erschöpft sich »Black Death« nicht in Action- oder Horrorelementen, sondern setzt auf Atmosphäre und Zeitkolorit und geht mit ungewöhnlichem Ernst an seinen Stoff heran.
Gedreht hat er seine britisch-deutsche Koproduktion in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und im Harz, mit weitgehend deutschem Stab, aber englischer Besetzung. Im Jahr 1347 zieht der schwarze Tod durch England. Die Angst hat die Menschen fest im Griff, scheinbare Gewissheiten lösen sich auf. Der Aberglaube blüht und bereitet das Feld für Fanatiker verschiedener Couleur. Während schon ganze Landstriche entvölkert sind, scheint es irgendwo ein Dorf zu geben, das von der Pest verschont wird, für die Kirche ein Indiz, dass die Bewohner mit dem Teufel im Bunde stehen. Deshalb soll ein kleiner Trupp von Gotteskriegern unter der Führung von Ritter Ulric – Sean Bean als fundamentalistischer Hardliner – sich der Sache annehmen. Im Gepäck haben sie allerlei Folterwerkzeuge, denn »brutalstmögliche Aufklärung« ist gefragt. Der junge Mönch Osmund (Eddie Redmayne) soll sie führen, ein zweiflerischer junger Mann, dessen verbotene Liebe zu einem Mädchen noch dramatische Folgen haben wird.
Bei ihrer Reise durch verheerte Landschaften betonen die sorgfältige Ausstattung und die stimmigen Sets die ferne Vergangenheit des Stoffs, während die grobkörnigen Handkamerabilder den Betrachter in das Geschehen hineinziehen. Das entlegene geheimnisvolle Dorf erscheint dann folgerichtig wie ein anderer Planet: Plötzlich stehen die schmutzstarrenden Krieger höchst adretten Landsleuten gegenüber, die in scheinbar perfekter Harmonie ihr Heidentum pflegen. Nicht nur gottlos, sondern obendrein in einem Matriarchat. Ihr Oberhaupt ist Langiva (Carice van Houten) – eine Hexe oder nur eine charismatische Heilerin? Auch wenn sich bald die finsteren Seiten der an »The Wicker Man« erinnernden Idylle herausstellen, bleiben alle Zuordnungen von Gut und Böse fragwürdig. Ist die Grausamkeit der Heiden nicht nur Selbstschutz gegen die Verfolgung durch die Christen? Ist Langiva nicht nur deshalb so fanatisch antichristlich, weil fanatische Christen ihren Mann ermordet haben?
Letztlich konstruiert das clevere Drehbuch von Dario Polini mit den Mitteln des Genres eine Versuchsanordnung, die zwei radikale Systeme, zwei sich gegenseitig negierende Gesellschaften, ineinander spiegelt. Ihr Wechselspiel von ideologischer Verhärtung und Gewalt wird mit aufklärerischer Konsequenz geschildert, bis zum unversöhnlichen Ende. So kommt einem dieses Mittelalter auch ohne hinkende Vergleiche zwischen Pestangst und Schweinegrippenhysterie erstaunlich nahe.
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