Kritik zu Kottan ermittelt: Rien ne va plus
Wiedersehen mit den Untoten der Fernsehgeschichte: Peter Patzak bringt seinen Major Adolf Kottan III. auf die Leinwand und macht eher unfreiwillig deutlich, dass 30 Jahre an niemandem spurlos vorübergehen
Die Zeit war durchaus reif für eine Rückkehr des ewig grantelnden und schließlich suspendierten Majors der Wiener Polizei, Adolf Kottan. Schließlich haben sich die Verhältnisse seit 1984, als die bisher letzte Episode der Kultserie »Kottan ermittelt« im Fernsehen ausgestrahlt wurde, letzten Endes nicht wesentlich verändert. Diese ganz eigene österreichische Mentalität, die Regisseur Peter Patzak und Drehbuchautor Helmut Zenker immer wieder satirisch attackiert haben, feiert weiter fröhliche Urständ. So hat sie im letzten Vierteljahrhundert neben Politikern wie Jörg Haider auch die ersten überdeutlichen Eruptionen der großen Banken- und Immobilienkrise hervorgebracht. Stoff genug für einen großen Kottan-Kinofilm. Peter Patzak und sein Drehbuchautor Jan Zenker, Sohn des 2003 verstorbenen Helmut Zenkers, sparen auch nicht mit entsprechenden Anspielungen. Nur bleiben gerade sie Fremdkörper in diesem Film der lebenden Fernsehtoten.
Natürlich kann man weder Patzak noch Zenker vorwerfen, dass sie die Story um ein brutales Mörderspiel, zu dem die Millionengewinner eines illegalen Pyramidenspiels per E-Mail eingeladen werden, nicht sonderlich ernst nehmen. Schon in der Serie waren die Krimierzählungen ab einem gewissen Punkt nur mehr Nebensache. Sie dienten als Vorwand für eine ans Absurde grenzende Abfolge surrealer Szenen, die aber direkt in die dunklen Abgründe des österreichischen Alltagslebens vordrangen. Diesem dramaturgischen Prinzip sind Patzak und Zenker treu geblieben. Nur haben sie sich damit begnügt, es einfach nur zu reanimieren, ohne es dabei mit neuem Leben zu füllen.
Das beginnt schon bei Lukas Resetarits' Kottan, der gleichsam wie ein Zombie durch den Film schlurft und nur dann zu erwachen scheint, wenn er mit der Gitarre in der Hand auf einer improvisierten Bühne steht und singt. Ansonsten bleibt er ein Untoter der Fernsehgeschichte, der lieber weiter in Frieden hätte ruhen sollen, zumal alles, was ihn einst so innovativ machte wie etwa die selbstreflexiven Bezüge und autoritätskritischen Momente mittlerweile längst selbst schon zu Tode gerittene Standards geworden sind. Doch das wollen Patzak und Zenker offenbar nicht wahrhaben. Trotz der zahlreichen aktuellen Anspielungen haben sie versucht, die Uhr zurückzudrehen – zur Not auch mit Gewalt. Dass sie dabei einige Gags der Serie wie die abgefahrene Tür von Kottans Auto dreist recyceln, verstärkt diesen Eindruck nur noch.
Aber selbst unter all den Platitüden und Peinlichkeiten, von denen eine, ein animierter Hund, der einmal auf Kottans Wagen scheißt, geradezu Symbolkraft für das ganze Unterfangen entwickelt, verbirgt sich noch der eine oder andere zündende Einfall. So hat der nun von Udo Samel gespielte Polizeipräsident Pilch mit einer neuen persönlichen Nemesis zu kämpfen: Statt eines Kaffeeautomaten treibt ihn der »Polizeiapparat«, eine von ihm selbst erfundene Maschine zur Überwachung der Wiener Bürger, in den Wahnsinn. Doch letztlich machen einem diese wenigen gelungenen Momente nur noch schmerzlicher bewusst, wie überflüssig und ärgerlich diese filmische Leichenfledderei doch ist.
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