Kritik zu Arrietty – Die wundersame Welt der Borger
Endlich mehr Anime in unseren Kinos! Nachdem im vergangenen Jahr Hayao Miyazakis Ponyo – Das grosse Abenteuer am Meer herauskam, startet jetzt ein Film aus dem vom großen Altmeister des japanischen Animefilms gegründeten Studio
Es muss nicht immer ein Miyazaki sein, aber Filme, die aus dem japanischen Ghibli-Studio kommen, haben immer mit diesem Altmeister des Animefilms zu tun. Er war schließlich der Mitbegründer des Studios, und auch Arrietty wird damit beworben, dass der Regisseur Hiromasa Yonebayashi ein Schüler des großen japanischen Animefilmemachers ist. Und tatsächlich gleichen die Figuren aus Arrietty durchaus denen, die man in Prinzessin Mononoke oder dem oscarprämierten Chihiros Reise ins Zauberland, Werke der Blütezeit Miyazakis, lieben gelernt hat. Nur dass das Thema hier weniger weltumfassend und mythenbeladen ist wie in den Filmen des Altmeisters.
Arrietty erzählt eine kleine Geschichte, die von Vertrauen und ein wenig auch von der Liebe handelt. Spätestens seit dem Kinderfilm Ein Fall für die Borger – beide Filme beruhen auf derselben Buchvorlage – sind uns die kleinen menschlichen Wesen unter dem Dielenboden bekannt, die sich bei den Bewohnern, in deren Häusern sie leben, immer etwas ausborgen. Sobald die Großen aus dem Haus sind, klettern die Winzlinge durch Mauselöcher, Ritzen oder Dielenspalten in die Räume hinauf, um sich bei den Menschen mit dem zu versorgen, was sie zum Leben benötigen. Schließlich sind ihre Wohnungen Abbilder der menschlichen Behausungen, also brauchen sie Batterien, Wäscheklammern oder Zuckerstückchen, um ihren Alltag zu meistern.
Arrietty lebt mit ihren Eltern in einer schicken Villa. Als dort der Junge Shô mit einem schweren Herzfehler lange Zeit das Bett hüten muss, kann das Borgermädchen nicht verhindern, dass es von ihm entdeckt wird. Eine Katastrophe für Arriettys Eltern, denn der Kodex der Borger besagt, dass sie niemals gesehen werden dürfen. Wenn die Familie schließlich das Haus verlässt, um zu neuen Ufern aufzubrechen, haben sich der große kranke Junge und das winzige kleine Mädchen längst angefreundet und gegenseitig Mut und Kraft gegeben, entgegen allen Vorurteilen und Ressentiments auf Menschen- wie auch auf Borgerseite. Shô blickt seiner Herzoperation optimistisch entgegen, und Arrietty hat es geschafft, sich von ihren Eltern unabhängig zu machen.
Denn beide Kinder sind Restriktionen ausgesetzt, die weder vor einem Krankenbett, noch vor den Tiefen eines Dielenbodens haltmachen. Hier wird eine neue Generation der Jugend beschworen, die sich zu ihren Gefühlen bekennt und sich dadurch von den Alten distanziert. Vor allem Arrietty hat mit ihrer hausbackenen Mutter ein Negativbeispiel an hysterischer und ängstlicher Ehefrau zum Vorbild, das es zu überwinden gilt. Auf der wilden Flussfahrt weg von ihrer Heimat erkennt Arrietty endlich, dass es doch noch ein anderes Leben gibt als die Dreisamkeit einer Kleinfamilie. Und auch Shô wird nach seiner Genesung stark und voller Hoffnung in die Zukunft blicken, und wer weiß – vielleicht treffen sie sich eines Tages wieder, das Borgermädchen und der Menschenjunge, dann kann sie bei ihm unter dem Dielenboden einziehen – ohne Angst vor Entdeckung haben zu müssen.
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