Interview mit Ana Lily Amirpour
Ana Lily Amirpour
Ein Film kann wie ein Traum sein
Sie hatten die Idee für diesen Film, als Sie in Berlin waren…
Das stimmt. Ich hatte im Jahr zuvor einen Kurzfilm gemacht über ein Mädchen, das in der Nacht allein nach Haue geht und von einem Mann verfolgt wird. Dann dreht sie sich um und tötet ihn. Diese Idee gefiel mir und ich überlegte mir, daraus einen abendfüllenden Film zu machen, in Schwarzweiß und in Farsi.
Mit welchen Vampirfilmen sind Sie selber aufgewachsen? Bela Lugosi? Christopher Lee? Lili Taylor in Abel Ferraras Schwarzweißfilm »The Addiction«? Oder Max Schreck in Murnaus »Nosferatu«?
Ich glaube, von Vampiren fasziniert zu sein, geht über einzelne Vampirdarsteller hinaus. Meine Faszination entstand durch die Bücher von Ann Rice. Ich las alle von ihnen, schon als Kind. Mir gefiel die Vorstellung, nicht zu sterben. Auch: sich selber nicht zu verändern, aber all die Veränderungen in der Welt und bei anderen Menschen zu sehen, über die Jahrhunderte hinweg. Das liebte ich, das war es, was ich wollte. Dann sah ich »Lost Boys« erst sehr viel später. Mir gefiel die Idee von einem Außenseiter, der sexy war.
Sie haben geäußert, dies sei ein iranischer Film. Für mich stand mehr der Aspekt der amerikanischen Popkultur im Vordergrund: der Straßenkreuzer, die Frisur des jungen Mannes…
Das habe ich so nie gesagt, ich habe kein Interesse an Kategorisierungen oder Definitionen, das halte ich für langweilig, gerade in der Kunst. Der Film ist in einer anderen Sprache, Farsi, weil es iranische Figuren sind. Wie iranisch ist er? Das kann ich nicht sagen, das ist nicht meine Aufgabe, ich mache keinen Film, um Antworten zu geben. Das ist ein sehr persönlicher Film über Dinge, die in meinem Kopf sind, die mit meinem eigenen Selbstverständnis zu tun haben Ich bin Iranerin, geboren in Großbritannien und aufgewachsen in Miami und Kalifornien. Ich habe sehr viele unterschiedliche Kulturen in aller Welt aufgesogen – ich weiß nicht, wer ich bin, ich kann nur sagen, der Film ist so iranisch (oder nicht), wie ich es selber bin.
Das kleinstädtische Setting des Films ist sehr eindrucksvoll. Ist das ein realer Ort, wenn ja, wie haben Sie ihn gefunden – oder aber ist er zusammengesetzt aus ganz verschiedenen realen Orten, ist es also mehr ein Ort, der im Kopf entsteht?
Genau, ein Film kann wie ein Traum sein, für mich ist es mehr wie ein Märchen, denn ganz offensichtlich sind wir nicht im Iran. Ich habe mir meine eigenen Regeln gemacht, inspiriert wurde dieses Setting allerdings von einem realen Ort, Bakersfield in Kalifornien, wo ich aufwuchs und wo es diese riesigen Ölfelder gab.
Ihr Hauptdarsteller Arash Marandi lebt in Hamburg. Wo haben Sie ihn getroffen?
Das war bei der Berlinale 2010, wo ich an einem anderen Film arbeitete, an dem er Interesse hatte. Unser Casting Director stellte uns einander vor, ich fand, dass er sehr schön war, aber auch diese natürliche Unschuld hatte. Für die andere Rolle fand ich ihn nicht richtig, aber als ich dann »A Girl Walks Home Alone at Night« konzipierte, dachte ich an ihn. Ich traf ihn wieder beim Hamburger Filmfest, wo er mit einem Kurzfilm vertreten war. Als ich das Drehbuch fertig hatte, im Frühjahr 2012, kontaktierte ich ihn per Skype und sagte ihm, er müsse nach Kalifornien kommen und diese Rolle spielen.
Sie haben auch Musik gemacht und in einer Band gespielt. Wie hat das Ihre Auswahl der Songs in diesem Film beeinflusst? Haben Sie sehr viel angehört oder hatten Sie bestimmte Songs schon in ihrem Kopf, als sie den Film machten?
Sämtliche Songs standen schon vor Drehbeginn fest. Ich höre oft Musik, wenn ich schreibe, das beeinflusst mich. Man kann in einen Song schlüpfen und Jahre darin zubringen. Die erste Fassung des Films war drei Stunden und drei Minuten lang, es sind also viele Szenen und Songs weggefallen. Den Song der "White Lies" wollte ich unbedingt drin haben, dafür musste ich in London ihren Manager kontaktieren. Den Song gab ich meinen Darstellern vorab. Überhaupt bekommen die Darsteller und auch die Leute hinter der Kamera das Drehbuch zusammen mit den Songs.
Einer der Produzenten des Films ist Elijah Wood, der bekannt wurde durch seine Rolle als Frodo in der »Herr der Ringe«-Trilogie und in den letzten Jahren in vielen schrägen Horrorfilmen wie etwa dem Remake von »Maniac« zu sehen war.
Meine Koproduzentin Sheri Davani ist mit ihm befreundet, sie erzählte ihm von dem Projekt. Woraufhin er sein Interesse äußerte, das Drehbuch zu lesen. Er liebte es, auch, dass der Film in Schwarzweiß sein sollte. Er half uns dann, den Film zu machen.
Ihr Film hatte seine Premiere Anfang letzten Jahres beim Festival von Sundance, wo er ebenso Aufmerksamkeit erregte wie bei weiteren Festivalaufführungen. Haben Sich dadurch irgendwelche neuen Projekte ergeben? Kamen Produzenten auf Sie zu, die mit Ihnen arbeiten wollten?
Ich beginne in drei Wochen mit den Dreharbeiten zu meinem nächsten Film (deshalb ist es seltsam für mich, jetzt über »A Girl Walks Home Alone At Night« zu sprechen): diesmal in Farbe und in englischer Sprache, wir drehen in Texas, das Ganze wird eine Art postapokalyptischer psychedelischer Western. Das Drehbuch habe ich selber geschrieben, denn ich sehe mich zuallererst als Autorin. Die Geschichte dachte ich mir schon im College aus.
... zur Kritik zu »A Girl Walks Home Alone At Night«
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