Kritik zu Blank City

© Rapid Eye Movies

2009
Original-Titel: 
Blank City
Filmstart in Deutschland: 
24.01.2013
L: 
94 Min
FSK: 
12

Wieder einmal ist es das Geld, das alles zerstört. Das ist zumindest die Moral von der Geschicht’, die Céline Danhier in ihrer Dokumentation über zwei ebenso radikale wie kurzlebige Bewegungen des New Yorker Independent-Kinos erzählt

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Am Anfang herrschten Chaos und Ruin. In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre stand die Stadt New York kurz vor dem Bankrott. Manhattans Lower East Side ähnelte einem Kriegs- und Krisengebiet. Überfälle und Einbrüche waren an der Tagesordnung. Wohnungen und ganze Häuserblocks standen leer und verfielen mehr und mehr. Immer mal wieder brachen Feuer aus. Es war eben einfacher und lukrativer, die heruntergekommenen Gebäude abzufackeln. Sie wieder instand zu setzen, hätte sich für die Besitzer nicht gelohnt. Die niedrigen Mieten an der Lower East Side und im Village hatten aber noch einen anderen Effekt. Künstler und Musiker, Filmemacher und Autoren aus ganz Amerika und aus Europa zog es in diesen Jahren nach Manhattan. Die tristen wirtschaftlichen Verhältnisse und das explosive soziale Gefüge erwiesen sich als idealer Nährboden für künstlerische Bewegungen, die den Finger in die Wunden der Zeit legen wollten.

Das CBGB auf der Bowery wurde zum Zentrum der Punks an der Ostküste und zum Treffpunkt einer neuen Filmszene. Regisseure wie Amos Poe und James Nares, Beth und Scott B, Eric Mitchell und Michael Oblowitz, Jim Jarmusch und Susan Seidelman begründeten mit ihren ersten meist mit Super-8-Kameras gedrehten Arbeiten in dieser Zeit eine neue Form des Independent-Kinos. Sie konnten sich dabei auf Andy Warhol und John Cassavetes berufen, schlugen aber einen anderen Weg ein.

Ihre Filme waren direkt, vom Genrekino genauso wie von aktuellen politischen Entwicklungen geprägt. Amos Poes’ The Foreigner, James Nares Rome 78 und Black Box, Beth B’s & Scott B’s radikale Abrechnung mit der Staatsgewalt, mischten nicht nur Fiktion und Realität. Sie behaupteten einen eigenen Standpunkt, provozierten und schlugen gerade aus den extrem schwierigen Bedingungen, unter denen sie entstanden waren, eine enorme Energie und ein ganz eigenes Kapital.

Die Zeit der »No Wave«, so nannte ein Kritiker diese Gruppierung, die sich als Gruppe oder Bewegung verstand, war zudem eine Zeit, in der die Grenzen zwischen den einzelnen Kunstformen durchlässig wurden. Viele der Filmemacher waren Mitglieder in Punkund Industrial-Bands, während Musiker wie John Lurie, Lydia Lunch und Debbie Harry große Rollen in ihren Filmen spielten. Die kreative Energie, die in jenen Jahren durch Manhattan strömte, muss enorm gewesen sein.

Mit zahllosen Ausschnitten aus den Arbeiten der »No Wave« und des in den 80ern von Nick Zedd ausgerufenen, von Drogen und Sex, Gewalt und Wut erfüllten »Cinema of Transgression« versucht nun Céline Danhier, etwas von dieser Energie einzufangen. Ihre atemlose Cut-up- und Montagetechnik, kaum ein Ausschnitt ist länger als ein paar Sekunden, mag dabei durchaus von Burroughs wie von der Punkbewegung inspiriert sein. Nur schaffen all diese Fetzen keinen Mehrwert. Sie reihen sich nur aneinander und illustrieren die Aussagen von Danhiers Gesprächspartnern. Alles bleibt an der Oberfläche, auch das Fazit, dass die Rückkehr des Geldes in den 80ern dieses wirklich unabhängige Independent-Kino zerstört hat. Das ist natürlich nicht falsch, aber eben doch sehr simpel gedacht, zumal einige der Protagonisten jener Jahre selbst Karriere gemacht haben.

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