Kritik zu 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?

Filmclip © Prokino

2015
Original-Titel: 
10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?
Filmstart in Deutschland: 
16.04.2015
L: 
100 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Valentin Thurn (»Taste the Waste«) beschäftigt sich in seinem neuen Werk mit der Frage, wie man den Hunger in der Welt heute und in Zukunft sinnvoll bekämpft

Bewertung: 4
Leserbewertung
2
2 (Stimmen: 1)

Im Jahr 2011 feuerte der Filmemacher Valentin Thurn mit seinem Dokumentarfilm Taste the Waste die Diskussion über die Verschwendung von Nahrungsmitteln wesentlich an. Jetzt legt er nach mit einem zweiten Kapitel, das sich explizit der Ernährung der schnell wachsenden Weltbevölkerung widmet. Industriekritischer Tenor und filmische Mittel sind dabei gleich geblieben: klassischer Ich-Reportagestil, märchenonkelhaft suggestive Erzählerstimme und Montage aus Gesprächen mit Experten und Playern, die an Stationen in Europa, Afrika, Indien, Japan und den USA ihre Einschätzungen in die Kamera geben.

Die Reise beginnt bei den Versprechungen der globalisierten Nahrungs- und Agrarindustrie mit ihren Gentechnik- und Hybridprojekten und mäandert sich von dort langsam alternativen Ansätzen entgegen, die – für Thurn am zukunftsträchtigsten – auf kleinbäuerliche Selbstständigkeit, städtischen Selbstanbau und Direktvermarktung setzen. Dabei sind die prinzipiellen Punkte der Kritik an der industriellen Nahrungsproduktion und ihre Schreckensbilder wohl den meisten am Thema Interessierten vertraut. Doch die Akzente sind hier klug gewählt: Der indische Mega-Hühner-Produzent Suguna Chicken steht mit einem Ausstoß von sieben Millionen Hühnern pro Woche für den wachsenden Fleischverzehr in Asien, ein US-Sojafarmer in Mosambik für das zunehmende »Land Grabbing« durch Monokulturen speziell in Afrika (»Der ultimative Test für Nachhaltigkeit ist Profit«).

Dazu kommen futuristische Projekte: Neben dem beim Thema unvermeidlichen künstlichen Hackfleisch etwa eine auch visuell faszinierende Hightech-Pflanzenfabrik im japanischen Osaka, wo auf vielen Etagen ganz ohne Erde Salat gezogen wird. Spannend. Aber, so Thurns Argument, auch in Zukunft werden sich so etwas nur Reiche leisten können. Auch jetzt schon ist Hunger weitgehend ein Verteilungsproblem.

Am interessantesten ist sein Film da, wo er die zunehmende Zahl an Projekten vorstellt, die sich rund um den Globus ganz praktisch der regionalen, selbstbestimmten Wiederaneignung der Landwirtschaft widmen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die vertikale Verdichtung der Felder mit der Zucht unterschiedlicher Arten und Sorten. Beispielhaft erwähnt sei hier ein Dorf in Malawi, wo die Maismonokultur erfolgreich durch Gärten ersetzt wurde, in denen neben- und übereinander Hirse, Erbsen, Chinakohl, Maniok und Süßkartoffeln wachsen. Eine gute Absicherung auch gegen Ernteausfälle.

Andere kollektive Unternehmungen setzen auf »essbare Landschaften«, autarke lokale Ökonomien oder die Aquaponik, wo Fisch- und Gemüseproduktion in einem geschlossenen System integriert sind. Die Vielfalt der Beispiele ist beeindruckend. Der Filmemacher selbst betätigt sich wie bei Taste the Waste auch diesmal wieder mit einer eigenen Webseite parallel zum Film als Aktivist. Und ja, das suggestive Sounddesign nervt. Aber vielleicht bringt es ja wirklich, wie immer behauptet, mehr Zuschauer. Und hälfe damit wenigstens der guten Sache.

Meinung zum Thema

Kommentare

Ein aufrüttelnder Film mit zum Teil harten Scenen der Fleischindustrie.
Genervt haben mich die langen Dialoge in diversen Fremdsprachen (incl. englisch) ohne simultane Übersetzung, die mich zum Vorspulen verleitet haben, wobei einige Kommentare des Autors verpasst wurden. Aus diesem Grund ist der Film für mich von der Machart nicht schaubar, von der Thematik jedoch hochaktuell. Ich habe ihn wieder gelöscht !! SCHADE

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