Kritik zu Die Kunst zu lieben

© Camino

Typisch französisch: der Episodenfilm von Emmanuel Mouret verhandelt die Strategien und Paradoxien der Liebe

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Kaurismäki sagte einmal, dass für seine finnischen Landsleute »Sprechen nichts anderes ist, als mit jedem Wort weitere Luft in die Atmosphäre zu blasen, eine ziemlich unnütze Tätigkeit«. Im Laufe von Emmanuel Mourets Episodenkomödie, in der in schier endlosen Wortgirlanden über die Liebe und das Ja-nein-vielleicht des Begehrens parliert wird, erinnert man sich leider an diesen nur halb ironischen Spruch.

Es geht um eine Handvoll Pariser, die sich ihr scheinbar ereignisloses Leben durch das Begehen allerlei amouröser Holz- und Umwege würzen. Der Prolog setzt zwar einen tragischen Akkord mit der Geschichte eines todgeweihten jungen Pianisten, der mit seinen Kompositionen andere in Gefühlen schwelgen lässt, selbst aber vergeblich auf jene innere Melodie wartet, die eine große Liebe ankündigt. Dann geht es burlesk weiter mit Buchhändlerin Isabelle (Julie Depardieu), die seit einem Jahr enthaltsam lebt. Ihre Freundin ist darüber so entsetzt, dass sie Isabelle ihren eigenen Mann »ausleihen« will. Damit verknüpft ist eine weitere Episode über Raumausstatterin Amélie (Judith Godrèche) und ihren besten Freund, Antiquar Boris (Laurent Stocker), der ihr seine Liebe gesteht. Weil sie selbst nicht mit ihm schlafen will, schmiedet Amélie eine amouröse Intrige. Dann gibt es noch Achille (François Cluzet), bei dem eines Tages die Nachbarin im roten Negligé klingelt. Und weitere Paare, mal jung, mal etwas älter, die über die Erlaubnis zu Seitensprüngen verhandeln.

Regisseur Emmanuel Mouret, der durch poetische Beziehungskomödien wie Küss mich bitte! bekannt wurde, präsentiert mit diesen mit klassischer Musik unterlegten Tändeleien eine Art Best-of. Es ist zwar recht amüsant, wie diese geschmackvoll gekleideten Menschen in schöngeistigen Berufen parlierend umeinander schleichen, doch allmählich stellt sich beim Zuschauer Verdruss ein. Denn wo etwa Woody Allen oder Eric Rohmer ihre Liebenden, die sich in den Fallstricken ihrer Gefühle verheddern, stets auch mit Temperament versahen und im realen Leben verankerten, bleiben Mourets Charaktere parfümierte Kopfgeburten. Die Künstlichkeit ihrer Problemstellungen und die Theaterhaftigkeit der Sketche sind durchaus beabsichtigt: Mouret stellt sich treulich in die ehrwürdige französische Tradition der »Marivaudage«, in der die Strategien und Paradoxien der Leidenschaften verhandelt werden. Doch die manierierten Dialoge über Liebe und Libertinage, über das menschliche Ausgeliefertsein an Lust und Laune, schmecken bald abgestanden. Manche Figuren wie etwa Amélie sind schlicht albern, ohne komisch zu sein. Lediglich die Isabelle-Episode über die Trugbilder des Begehrens und die Austauschbarkeit des Objektes der Begierde hat einen abgründigeren Nachhall.

So wirkt das Beziehungsparlando, in dessen Redepausen Sex im Dunkeln stattfindet, wie die Parodie eines französischen Films. On connaît la chanson – und bekämpft entstehende Langeweile mit dem Versuch, per Nasenvergleich herauszufinden, wer von den Darstellerinnen die Tochter von Gérard Depardieu ist.

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