Kritik zu Miss Kicki

© Barnsteiner

Der in Norwegen geborene Regisseur Håkon Liu schickt in seinem Spielfilmdebüt ein schwedisches Mutter-Sohn-Paar auf Glücks- und Beziehungssuche nach Taipeh und lässt sie sich in der Fremde verlieren und wiederfinden

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Zwischen Batman und Prometheus bildet dieser schwedisch-taiwanesische Film das Ideal des sogenannten »Gegenprogrammierens«. Mit Arthouse versus Blockbuster ist die Kluft, die Miss Kicki von den genannten Filmen trennt, aber noch nicht annähernd beschrieben. Tatsächlich ist das Spielfilmdebüt von Håkon Liu von so anderer Machart, dass der Kinogänger seinen Blick dafür erst wieder schärfen muss. Bis das gelingt, können ihm prompt ein paar Sachen entgangen sein. Denn Håkon Liu und sein Drehbuchautor Alex Haridi belegen bereits in den ersten fünf Minuten, dass sich zumindest filmdramaturgisch die Attribute »zurückhaltend« und »temporeich« nicht ausschließen müssen.

Die ersten Szenen zeigen Kicki (Pernilla August), eine Frau um die 50, zuerst beim Skype-Gespräch mit einem Asiaten, dann beim einsamen Trinken in ihrer Wohnung, dann am nächsten Tag beim Großreinemachen, das sich als Vorbereitung auf den Besuch von Mutter und ihrem, Kickis, entfremdeten Sohn entpuppt. Im lakonischen Fluss alltäglicher Ereignisse montiert, hält die Kamera zwischendurch immer wieder etwas länger auf Kickis Gesicht. Das verrät vor allem eines: dass diese Frau eine Menge verbirgt.

Dem aufmerksamen Blick hat sich bis dahin allerdings schon einiges über sie offenbart. Da war zum Beispiel der Skype-Flirt mit Mr. Chang (Eric Tsang), in dem »Ich wünschte, du wärst hier«-Geständnisse ausgetauscht wurden. Da war aber auch die Frage danach, wie sie den weiteren Abend verbringe, was Kicki mit einem beiläufigem, sie gehe noch mit Freundinnen aus, beantwortete. Was der Film ebenso beiläufig als Lüge entlarvt, wenn er Kicki daraufhin mit Glas in der Hand allein in ihrer Küche zeigt. Und wenn sie sich später dazu durchringt, ihren Sohn Viktor (Ludwig Palmell) zu bitten, mit ihr nach Taiwan zu fahren, weiß der Zuschauer bereits, dass dieser Plan weniger die deklarierte Annäherung von Mutter und Sohn zum Ziel hat, sondern dass Kicki einer vermeintlichen Einladung folgt.

Für einen schnell gelangweilten Zuschauer passiert im Weiteren das Vorhersehbare: Die Reise nach Taiwan wird zum Fehlschlag. Mr. Chang entpuppt sich als Lügner, und als Kickis Sohn die wahren Motive der Reise erfährt, wendet er sich enttäuscht von der Mutter ab. Selbst das eigentlich überraschende Eingreifen von ein paar Gangstern am Schluss bringt kein überraschendes, sondern das übliche Ende.

Wer jedoch mit Aufmerksamkeit den Details der Handlung folgt, entdeckt jenseits des Vorhersehbaren ein fein nuanciertes, spannendes Drama über Glückssuche und das Wagnis, Beziehungen einzugehen. Möglich macht das vor allem das herausragende Spiel von Pernilla August, die ihre Kicki als warmherzige Trinkerin porträtiert, der es verblüffend leicht fällt, mit Fremden Kontakt aufzunehmen, die aber mit Nähe große Probleme hat. Ihr gegenüber wirkt Ludwig Palmell als Sohn stets etwas blass, was aber ausgeglichen wird durch die Tatsache, dass es seine Geschichte ist, die am Ende atmosphärisch dominiert.

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