Kritik zu Wild Card

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In Simon Wests Verfilmung von William Goldmans Roman »Heat« verkörpert Jason Statham den reformierten Spielsüchtigen, der seine letzte Chance sucht

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Leaving Las Vegas... Anders als einst Nicolas Cages todessehnsüchtiger Trinker Ben Sanderson ist Nick Wild (Jason Statham) nicht in die Glitzermetropole gekommen, um dort zu sterben. Sie war einfach nur eine Stadt nach seinem Geschmack. Doch nun, 5000 Tage später, hat sich das Blatt für den ehemaligen Special-Forces-Soldaten gewendet. Las Vegas und sein dortiges Leben hinter sich zu lassen, das ist die einzige Chance, die Nick noch bleibt. Doch dafür braucht er, davon ist er überzeugt, 500 000 Dollar. Dann könnte er sich fünf Jahre lang einfach durch die Welt treiben lassen, von einem magischen Ort zum nächsten.

Nur ist dieser Traum nichts als ein Luftschloss, eine Phantasmagorie von Paradiesen, die es so gar nicht gibt. In Wahrheit ist Nick kaum weniger selbstzerstörerisch veranlagt als Ben Sanderson. Also rauben Regisseur Simon West und sein Drehbuchautor William Goldman dem Zuschauer gleich zu Beginn jegliche Illusionen über den Exsöldner. Ein dreister Flirt in einer Bar endet in einer heftigen Schlägerei. Nur verlässt eben nicht Statham den Parkplatz als Sieger, sondern der unscheinbare Begleiter der Frau, die er zuvor so plump angemacht hat. Auch das ist natürlich nur eine weitere Lüge, ein inszeniertes Spiel, für das sich Nick mit ein paar Hundert Dollar bezahlen lässt.

Alles in Wild Card gleicht einer Art Glücksspiel, einem fast schon manischen Versuch, das Schicksal herauszufordern. Selbst seine Konfrontation mit dem sadistischen Mafiagangster Danny DeMarco (Milo Ventimiglia) betreibt Nick wie ein Spieler an einem Black-Jack-Tisch. Dabei wollte er seine langjährige Vertraute Holly (Dominik García-Lorido), die von DeMarcos Männern misshandelt wurde, zunächst gar nicht auf ihrem Rachefeldzug unterstützen. Doch die Versuchung ist einfach zu groß. So ist das Leben in Simon Wests Verfilmung von William Goldmans »Heat«. Immer ist da die Hoffnung, dass die nächste Karte genau die richtige ist.

Wie schon in Steven Knights Redemption und Gary Fleders Homefront löst sich Jason Statham auch hier mehr und mehr von seinem Actionimage. Die Fassade des coolen tough guy bekommt von Film zu Film mehr Risse und Brüche. Die von Corey Yuen choreographierten Actionsequenzen, die grandios zwischen scheinbarem Stillstand und extremer Beschleunigung hin und her springen, sind eher Beiwerk in diesem betörend eleganten B-Movie.

Was West und Goldman weitaus mehr fasziniert, ist der Charakter eines Mannes, der sein wahres Wesen konsequent verleugnet. Alles steuert auf den einen Moment zu, in dem Nick sich schließlich selbst erkennen muss. Das Actionszenario wird zum philosophischen Trip in die menschliche Natur. Dabei geht Simon West sogar subtiler vor als Goldman in seinem 1985 veröffentlichten Roman. Er bleibt bei leichten Andeutungen und spielerischen Überhöhungen. Das Licht, das in Wild Card die Bars und Hotelzimmer, die Spieltische und die Straßen tatsächlich zum Glitzern bringt, hat etwas dezent Irreales. Es ist das Licht der Lügen und Täuschungen, aus denen sich Nick seine Welt erschaffen hat.

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