Disney+: »Sly Lives!«

englisch © Hulu

2025
Original-Titel: 
Sly Lives! (aka The Burden of Black Genius)
Heimkinostart: 
15.03.2025
L: 
111 Min
FSK: 
12
Übers Persönliche hinaus

Drei Jahre nach dem Oscargewinn für sein Regiedebüt »Summer of Soul« legt Ahmir Thompson alias Questlove seinen neuen Film vor, und wieder widmet er sich einem Kapitel der US-amerikanischen, aber eben auch dezidiert afroamerikanischen Musikgeschichte. Nur dass es in »Sly Lives!« nicht um ein einzelnes Ereignis, sondern gleich eine ganze Lebensgeschichte geht. Sylvester Stewart, besser bekannt als Sly Stone, kreativer Kopf und Gründer der unvergessenen einflussreichen Band Sly & The Family Stone, lebt tatsächlich noch, auch wenn er aus gesundheitlichen Gründen – anders als einige seiner Kinder, ehemaligen Bandkolleg*innen und andere Wegbegleiter*innen – nicht vor Questloves Kamera Platz genommen hat. Die Art und Weise, wie der Regisseur und sein Team (besonders erwähnenswert ist die Montage von Josh Pearson) Stones Leben, Werk und Wirkung sowohl stilistisch als auch inhaltlich dynamisch und fundiert einfangen, lässt allerdings vermuten, dass der Protagonist sich selbst hier durchaus wiederfinden dürfte.

Zunächst lässt sich »Sly Lives!« durchaus als klassische Doku-Biografie an. Mittels Talking Heads und Archivmaterial zeigt der Film den Aufstieg Stones und seiner Band auf, die Ende der 1960er Jahre eine kleine Revolution darstellte, sowohl wegen ihrer Zusammensetzung aus Schwarzen und weißen, männlichen und weiblichen Mitgliedern als auch durch die musikalische Mischung aus Rock, Funk, R&B und Psychedelic Pop. Natürlich geht es um Woodstock, große Hits wie »Everyday People«, »Stand« oder »Family Affair« im Kontext gesellschaftlicher Umbrüche und dann auch um Stones von Drogen befeuerten langjährigen Absturz nach fünf massiv erfolgreichen Jahren.

Was den Film besonders macht, ist aber die Genauigkeit, mit der hier die Musik unter die Lupe genommen und herausgearbeitet wird, was genau an ihr so wegweisend war. Der Einfluss, den Sly & The Family Stone auf Stevie Wonder, Prince oder auch auf diverse HipHop-Künstler hatten, wird greifbar, und nicht zuletzt wenn die Produzenten Jimmy Jam und Terry Lewis, deren Sly-Sample für Janet Jacksons »Rhythm Nation« legendär ist, en détail Beats und Songpassagen erklären, geht selbst den unmusikalischsten Zuschauenden ein Licht auf.

Darüber hinaus trägt der Film den Untertitel »Aka The Burden of Black Genius«, und tatsächlich gelingt es Questlove überzeugend, den Blick über Stones persönliche Geschichte hinaus zu erweitern. Wie geht man damit um, erfolgreich oder gar ein Ausnahmetalent zu sein? Und wie verschieben sich – unabhängig von Drogenkonsum und anderen persönlichen Faktoren – Erwartungshaltungen, Druck und Selbstzweifel, wenn man dabei eine Schwarze Person in einer weißen Mehrheitsgesellschaft ist? Die Gespräche, die darüber mit Chaka Khan, André 3000, George Clinton oder D'Angelo geführt werden, verleihen »Sly Lives!« eine ungemein spannende zusätzliche Komplexität und Relevanz.

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