Kritik zu When Evil Lurks
In seinem intensiven Horrorfilm gibt sich der argentinische Regisseur Demián Rugna nicht mit oberflächlichen Schockeffekten zufrieden. Der Frage danach, wo das Böse haust und wie man es bekämpfen soll, stellt er sich auf interessante Weise
Zwei Männer finden einen Toten im Wald. Er ist grausam entstellt, in der Mitte zerteilt, ausgeweidet. Unweit davon, in einer armseligen Hütte, liegt ein mit Schwielen und Pusteln übersäter Mann auf einem Lager, halb verfault bei lebendigem Leib. Er wird von Mutter und Bruder bewacht, dabei will er nur eins, sterben. Er weiß, dass er der Wirt eines Dämons ist, der nur auf seine Wiedergeburt wartet. Da man den Wirt mit Waffengewalt nicht töten kann, beschließen die Männer, ihn auf der Ladefläche ihres Pick-ups wegzubringen. Weit weg, nach dem Motto, was man nicht mehr sieht, ist weg. Welch ein Irrtum, denn als sie ankommen, ist er von der Ladefläche verschwunden und das Übel nimmt seinen Lauf.
Das Böse mag die Kinder, heißt es irgendwann im Verlauf des Films, der uns wenig erspart und in vielem an die Grenzen des Ekels vordringt, und die Kinder mögen das Böse. Tatsächlich sind es die jungen Menschen, die wenig Erfahrungen mit der Welt haben, die sich unmittelbar verhalten und somit offen sind für all das Dämonische, das die Welt eben auch bereithält. Es ist sehr schwierig, Kinder vor dem Bösen zu beschützen, und noch schwieriger, sind sie einmal besessen, sie zu bekämpfen. Mit diesem Zwiespalt arbeitet der Film. Die, die unseren Schutz am dringendsten benötigen, werden zur Quelle tödlicher Gefahr. Neben den Kindern sind es die Tiere, die dem Bösen schutzlos ausgeliefert sind. Da wir davon ausgehen, dass wir sie gezähmt haben und daher für harmlos halten, begegnen wir ihnen arglos. Arglosigkeit ist die stärkste Waffe der Dämonen.
Der argentinische Regisseur Demián Rugna kommt aus der Comic-Szene. Souverän geht er mit drastischen Darstellungen um, vermeidet simple Schockeffekte und Horrorstereotype. Vielmehr stellt er die Frage nach dem Ort des Bösen, das viele Namen hat. Luzifer, Azrael, Beelzebub … Namen, die man, wie bei Harry Potter, nicht nennen darf. Tatsächlich gibt es starre Regeln, wie man mit dem Bösen umgehen muss, will man überleben. Kein elektrisches Licht, kein Schießpulver, keine Tiere, keine Angst zu sterben, etc. Die Ausformulierung mag sich unterscheiden, aber wenn man sich an die Regeln hält, hat man eine Chance. In dem Prozess der Zivilisation sind es die Regeln, die Existenz und Fortschritt garantieren, während das Böse ursprünglich und beliebig ist. An seiner Existenz gibt es keinen Zweifel, doch nur selten sieht man es so klar, dass man es auch bekämpfen kann.
In der erschütternden bildlichen Offenbarung versteckt Demián Rugna ernste Fragen aus Religion, Philosophie und Soziologie. Er sucht nach Bildern, die das Böse, das mehr oder minder in uns allen steckt, verdeutlichen und vermischt so eine fantasievolle, überzeichnete Horrorwelt mit dem, was uns täglich und meistens unsichtbar begegnet. Meist ist das Böse zurückhaltend, bewegt sich in niederen Gefilden und dringt nur selten drastisch an die Oberfläche. Demián Rugna zeigt einen dieser drastischen Ausbrüche in überzeichneter Form und sagt deutlich, dass man das Böse zwar momentan, aber niemals endgültig besiegen kann.
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