Netflix: »Black Doves«
© Ludovic Robert/Stefania Rosini/Netflix
Geheimagent*innen, wohin das Auge reicht. Überall wird dieser Tage spioniert. In die lange Liste von Serien, die aktuell Geschichten aus der Welt der Undercover-Ermittler*innen erzählen, reiht sich nach »Slow Horses«, »Lioness«, »Diplomatische Beziehungen«, »The Old Man«, »Citadel« oder »The Day of the Jackal« nun auch noch »Black Doves« ein. Doch die neue Schöpfung von Joe Barton, der schon für die großartige Serie »Giri/Haji« verantwortlich zeichnete, macht ein paar Dinge anders als die Konkurrenz.
Der erste Unterschied ist, dass im Zentrum kein staatlicher Geheimdienst wie der MI6 steht, sondern eine sehr viel zwielichtigere, womöglich nicht unbedingt das Gemeinwohl im Blick habende Organisation. Die »Black Doves« haben Undercover-Agent*innen in den höchsten Positionen, darunter Helen Webb (Keira Knightley), Ehefrau des britischen Verteidigungsministers. Als kurz vor Weihnachten ihr Geliebter (Andrew Koji) erschossen wird und die Tat im Zusammenhang mit dem potenziellen Mord am chinesischen Botschafter stehen könnte, droht ihre Identität enttarnt zu werden.
»Black Doves«-Chefin Reed (Sarah Lancashire) wird jedenfalls ungewohnt unruhig und beordert den Auftragskiller Sam Young (Ben Whishaw) zurück nach London, Helens einzigen wirklichen Freund, der nach einer schiefgelaufenen Aktion abgetaucht war. Die Vergangenheit holt ihn ein, nicht nur was alte Rechnungen angeht, sondern auch in Form von Ex-Freund Michael (Omari Douglas). Derweil versucht Helen auf eigene Faust herauszufinden, was ihrem Lover passiert ist, während sie gleichzeitig die verschwundene Tochter besagten Botschafters finden muss, diverse Killer ihr Unwesen treiben und internationale Staatskrisen in der Luft liegen.
Es lässt sich schon an der Inhaltszusammenfassung ablesen: Subtilität ist in »Black Doves« ebenso wenig angesagt wie der kleinteilige Realismus, mit dem aktuell etwa »The Agency« ebenfalls in London unterwegs ist. Hier wird in jeder Hinsicht ordentlich auf den Putz gehauen und wild um sich geschossen, weswegen die Serie nicht nur ein Spionagethriller ist, sondern auch von Soap-Elementen und komödiantischer Überhöhung lebt. Zwischen stilisiert spritzendem Blut und mitunter großartigen, rasanten und vor allem pointierten Dialogen fühlt man sich mitunter eher an Vorbilder wie Quentin Tarantino oder Guy Ritchie erinnert als an 007.
Kurzweilig ist das allemal, im unbedingten Bemühen um Coolness und im sprunghaften Tonfall manchmal aber auch etwas angestrengt. Dafür ist das Ensemble herausragend, selbst in winzigen Rollen tauchen Ausnahmekönner*innen wie Kathryn Hunter, Paapa Essiedu oder Tracey Ullman auf. Keira Knightley und der famose Ben Whishaw machen aus dieser Weihnachtserzählung der etwas anderen Art aber auch eine mitunter richtig berührende Freundschaftsgeschichte, in der der sonst oft zum Stereotyp degradierte schwule beste Kumpel endlich mal in den Fokus rückt und einen ganz neuen Twist bekommt.
OV-Trailer
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