MagentaTV: »A Very Royal Scandal«

»A Very Royal Scandal« (Miniserie, 2024). © MagentaTV

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Knock-out durch Interview

Die Windsors liefern zuverlässig Nachschub für mediale Verwertung. In dieser dreiteiligen Miniserie geht es um die Spätfolgen eines möglichen sexuellen Missbrauchs aus dem Jahre 2001 durch den von Boulevardzeitungen einst liebevoll »Randy Andy« genannten Sohn von Queen Elizabeth II., Prinz Andrew. Geschildert wird die Einfädelung eines von der BBC 2019 ausgestrahlten Interviews, in dem Prinz Andrew von der Journalistin Emily Maitlis zu seinen Verbindungen zu Jeffrey Epstein und einem von dessen Opfern, der zum Tatzeitpunkt 17-jährigen Virginia Giuffre, befragt wurde. Das Interview, mit dem der Prinz angesichts eines drohenden Prozesses in den USA seine Unschuld betonen wollte, führte stattdessen aufgrund seiner unglücklichen Aussagen dazu, dass er zur Persona non grata erklärt wurde. Er trat von allen Ämtern zurück und seine Mutter entzog ihm, einem Falklandveteran, die militärischen Ehrendienstgrade. Fast zeitgleich zur Serie entstand der Spielfilm »Scoop« mit Gillian Anderson als Maitlis. Hier ist es Ruth Wilson, die mit tiefer Stimme und stechendem Blick zur Attacke bläst.

Das erste Problem dieser Serie ist, dass ihre Heldin auch die Produzentin ist. Maitlis' filmisches Alter Ego wirkt arg idealisiert in der Rolle einer doppelt belasteten Karrierefrau und Mutter, die auf Stöckeln, zwischen Frühstückmachen für ihre Kinder und Redaktion, unermüdlich im Dienste der Wahrheit umherhastet. Doch Maitlis, einer der bestverdienenden Fernsehpromis, ist wegen ihres polemischen Stils, bei dem sie mit stakkatohaften Fragen auf ihr Gegenüber geradezu einhackt, auch umstritten. Diese unangenehme Seite bleibt weitgehend ausgespart. Das zweite Problem ist die Darstellung von Prinz Andrew und seiner Familie. Die Homestory-Perspektive suggeriert Insiderwissen und ist doch vollkommen spekulativ. Michael Sheen hat, feist aufgepolstert, Andrews Manierismen genau studiert und vollzieht in einem grandiosen Auftritt eine totale Charakterhinrichtung. Der Prinz erscheint als mal unsicheres, mal aufgeblasenes Muttersöhnchen, das sich vor unangenehmen Dingen wegdrückt und am liebsten mit seinen Jungs auf die Jagd geht, kurz: als hochwohlgeborener Trottel.

So viel wird klar: Für Maitlis, die ihren »Hit Job« mit einer suggestiven Frage erledigte, aber auch für den manipulativen Epstein war diese trübe Tasse kein Match. Das wusste auch der Buckingham-Palast, dessen Presseleute, so zeigt die Serie, in einem Tauziehen mit Andrews ergebener Presseagentin das Desaster zu verhindern suchten. Spannend wirkt die Schilderung auch bezüglich der journalistischen Vor- und Nachbereitung des Interviews am Schneidetisch. Auch weil man nie recht begreift, was Andrew Schlimmes gesagt hat, bleibt aber letztlich der verstörende Eindruck von viel Lärm um nichts hängen – und dass in dieser Konzentration auf den royalen Kollateralschaden die Dimension des Epstein-Skandals und seiner Opfer vollkommen untergeht.

OV-Trailer

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