Kritik zu Shambhala

© MFA+ Filmdistribution

Im Mittelpunkt des Films von Min Bahadur Bham steht eine junge Frau, die sich auf die Suche nach ihrem Mann macht, in der schroffen Schönheit der Bergwelt des Himalaya. »Shambhala« war der erste Film aus Nepal, der im Wett­bewerb der ­Berlinale lief – Nepal hat ihn inzwischen für die Oscars eingereicht

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Ein abgelegenes Dorf hoch oben im nepalesischen Himalaya; weit und breit weder Baum noch Strauch, stattdessen die schroffe Schönheit der Berge und unerbittliches Wetter. Ein Festtag, denn Pema heiratet Tashi; wie es der Brauch ist, übernimmt sie damit zugleich auch noch die Verantwortung für dessen zwei Brüder Karma und Dawa. Karma ist Mönch und geht nach der Feierlichkeit bald wieder zurück in sein Kloster. Dawa aber ist ein Lausbub, der Pema noch einigen Ärger einbringen wird. Denn als Tashi sich auf eine monatelange Handelsreise nach Lhasa begibt, muss Pema für den lernfaulen Buben, der ihr nicht gehorchen will, beim Dorflehrer Ram Sir um Nachhilfe bitten. Und der Lehrer bleibt ein wenig zu lange und trinkt ein wenig zu viel; und als wenig später Pemas Schwangerschaft offenbar wird, setzt sich ein Gerücht in Bewegung, das auch die Ohren Tashis erreicht – der daraufhin beleidigt in den Bergen bleibt. Das will nun wiederum Pema nicht auf sich sitzen lassen, und sie macht sich auf die Suche nach ihrem Mann, zunächst gemeinsam mit Karma, später dann allein.

Es ist eine in mehrerlei Hinsicht strapaziöse Reise, die der nepalesische Filmemacher Min Bahadur Bham in »Shambhala« unternimmt, und sie geht über zweieinhalb Stunden gemächlich vonstatten. Immer ist dabei Zeit für eine folkloristische Darbietung, einen Tanz, eine Sitte, ein Lied, das Spiel auf der Pferdekopfgeige. Als ein rein volkskundliches Vergnügen wäre dieser Vertreter des Weltkinos von hoch droben und ganz weit weg – gedreht wurde auf Höhen zwischen 4000 und 6000 Metern, was man sich für die Beteiligten ebenso wie für das technische Equipment als äußerst strapaziös vorstellen darf – allerdings sehr missverstanden. Freilich, es sieht dort, auf dem Dach der Welt, überall außerordentlich erstaunlich aus, und manchmal stehlen die Yaks und die Ziegen, vor allem aber Namkha, Pemas stämmiges Pferdchen, den nichtprofessionellen Darsteller:innen ein wenig die Show. Doch den Titel eines mythischen Königreichs des Buddhismus trägt dieser Film ja nicht umsonst. Und so geht es also zugleich um eine innere Reise und erzählt »Shambhala« eine Emanzipationsgeschichte, oder vielmehr die Geschichte eines Klarwerdens.

Pema, die bereits mit ihrem Aufbruch gegen die Konventionen der Geschlechterrollen verstoßen hat, realisiert in ihrer Wanderung ihre innere Kraft und äußere Stärke. Im täglichen mühevollen Einen-Schritt-vor-den-anderen-Setzen entfalten sich die existenziellen Fragen und stellen sich die einfachen Antworten ein. Dazu braucht es nicht viele Worte; wie von selbst ergibt sich die Erkenntnis der Lächerlichkeit des eifersüchtigen Ehemannes und weitergehend alles kleinlichen menschlichen Haders und Haderns.

Das mag schließlich auch das Verdienst dieses weitgereisten, spektakulären und zugleich ganz bescheidenen Films sein: dass er uns die spirituelle Praxis, die ihn bis zum Bersten erfüllt, nicht aufdrängt, sondern auf schlichte Weise verständlich und plausibel macht. »Shambhala« ist eine Arbeit an der großen Gemeinsamkeit der Menschheit auf Erden, fast schon ein Anachronismus.

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