Kritik zu Alois Nebel
Der tschechische Regisseur Tomás Lunák hat einen großartigen Animationsfilm über die Schatten der Vergangenheit gedreht.
26.11.2013
Bewertung: 4
Leserbewertung
(Stimmen: 2)
Dieser Film liebt die harten Kontraste, ein gnadenloses Schwarzweiß. Ein Zug kommt aus der Tiefe des Raumes, aus einer leicht geöffneten Tür fällt gleißendes Licht, Scheinwerfer von Autos, die auf uns Zuschauer zurasen, Schatten, die an der Wand entlangtanzen. Eine alptraumhafte Atmosphäre, die einem förmlich den Boden unter den Füßen wegzieht.
Die Züge waren es, die im 20. Jahrhundert das Unrecht und die Gewalt transportierten. In sie wurden auch die Deutschen verladen, die 1945 und 1946 vertrieben und ausgesiedelt wurden. Es ist eine Erinnerung, die Alois Nebel immer wieder heimsucht, der Bahnhof von Bily Potok, der auf deutsch Weißbach hieß, eine Erschießung, die Vergewaltigung einer Deutschen. Der junge Regisseur Tomas Lunak hat sich an ein Thema gewagt, das jahrzehntelang ein Tabu in Tschechien war: die Vertreibung der drei Millionen Deutschen in den böhmischen Ländern. Es gerät allerdings immer mehr in das Blickfeld der Öffentlichkeit und sorgte, spätestens als das tschechische Fernsehen die Doku »Töten auf Tschechisch« ausstrahlte, für Gesprächsstoff.
Alois Nebel, der 2011 in die tschechischen Kinos kam und 2012 auch den Europäischen Filmpreis gewann, ist aber mehr ein animierter Neo Noir denn Geschichtsbewältigung. Nebel kommt durch die Machenschaften seines Kollegen in ein Sanatorium, wo er den „Stummen“ trifft, der dort mit Elektroschocks behandelt wird und dessen Schicksal, wie sich herausstellt, mit dem seinen verknüpft ist. Als Nebel entlassen wird, ist die Welt nicht mehr dieselbe. Der »Stumme« wird blutig Rache nehmen, für das, was in der Vergangenheit passiert ist. Und eine regelrechte Sintflut die Dämonen wegspülen.
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