Kritik zu Problemista

© Universal Studios

»Saturday Night Live«-Komiker Julio Torres verarbeitet leicht versponnen und satirisch eigene Erfahrungen als fantasiebegabter Einwanderer aus El Salvador in die USA

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Sorgen macht sich nicht nur die alleinerziehende Mutter um ihren Sohn, auch als Zuschauer fürchtet man um diesen jungen Mann, der mit verzagtem Blick, scheuem Auftreten und trippelnden Schritten durch den New Yorker Großstadtdschungel tappelt. Aber vielleicht muss man sich auch gar nicht so viele Sorgen machen, denn der junge Mann, der hier mit Leisetreter-Miene durchs Bild tappt, ist ja schließlich Autor, Regisseur, Hauptdarsteller und Produzent des Films, für den er immerhin Tilda Swinton als Komplizin gewinnen konnte, die schon immer ein Faible für bizarre Filmblüten und experimentelle Projekte am Rande des Mainstreams hatte.

In seinem Debütfilm verarbeitet Julio Torres in leicht abgewandelter Form seine eigenen Erfahrungen als fantasiebegabter Einwanderer aus El Salvador. Während er selber als Comedy-Autor seit 2016, unter anderem in 62 Ausgaben von »Saturday Night Live«, erfolgreich ist (auf YouTube kann man in einigen seiner berühmtesten Sketche den verspielt eigenwilligen Humor entdecken, der nun auch sein Spielfilmdebüt prägt) und mit »Los Espookys« auch schon eine spanischsprachige Serie für HBO entwickelt hat, träumt sein Alter Ego Alejandro im Film von einem Job als Spielzeugentwickler bei Hasbro. 

Da seine versponnenen Ideen – beispielsweise Spielfiguren, die ihre Gefühle via Handy-App kommunizieren – beim Spiele­giganten jedoch abgelehnt werden, jobbt er unterdessen in einer Kryonik-Firma, in der Menschen in Gefriertruhensärgen darauf warten, eines Tages wieder aufgetaut zu werden. Dort ist er zuständig für den von RZA verkörperten Künstler Bobby, der sich auf das Malen von überdimensionalen Eiern in surrealen Situationen spezialisiert hat. Als Alejandro nach einem kleinen Fehler gekündigt wird und damit sein Einbürgerungsverfahren zu scheitern droht, wird er zum Assistenten von dessen Nachlassverwalterin und Witwe, der volatil überspannten Kunstkritikerin Elizabeth, die Tilda Swinton in vielen exzentrischen Facetten zum Schillern bringt. Mit feuerroten Locken, deren herausgewachsener Haaransatz einen Zustand seelischer Verwahrlosung signalisiert, und mit Kleidungsstücken, die im Stil japanischer Couturiers wie Skulpturen anmuten, oszilliert sie zwischen bizarr böser Hexe und großzügiger Gönnerin.

Was hier nach einem stringenten Handlungsbogen klingt, präsentiert sich im Film eher als Sammlung lose aneinandergereihter Sketche und Begegnungen. Mit dem mäandernden Erzählverlauf und dem schrägen Humor erinnert »Problemista« an den eigenwilligen Stil von Jared Hess, Spike Jonze oder Charlie Kaufman. Statt in den Kopf eines berühmten Schauspielers klettert Alejandro wie ein Hamster durch ein Klettergerüst aus kleinen Minibüroboxen, das die Prozesse der amerikanischen Einwanderungsbürokratie als surreal absurden Hindernislauf entlarvt. Auf diese Weise ist »Problemista« immer zugleich verspieltes Märchen und lakonische Satire, eine hochfliegende Fantasie, mit Erdung im Alltag.

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