Kritik zu Der dritte Gast

© Unfiltered Artists

2024
Original-Titel: 
Der dritte Gast
Filmstart in Deutschland: 
07.03.2024
L: 
73 Min
FSK: 
Ohne Angabe

In Malte Wirtz' neuem Film checkt ein junges Paar in einem Hostel ein, in dem sie die einzigen Gäste sind. Oder doch nicht? Ein Gruselfilm als Kammerspiel

Bewertung: 1
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Wo keine Mittel, gibt es dennoch gerne eigensinnige Wege. Im deutschen Kino hat der German Mumblecore ab 2008 als Ableger des amerikanischen Mumblecore à la Andrew Bujalski ein paar Jahre mit sympathischen Low-Budget-Filmen, die Improvisation auf allen Ebenen großschrieben, für frischen Wind gesorgt. Deren Devise lautete: Emotion statt technischer Perfektion. 

Indie-Regisseur und Drehbuchautor Malte Wirtz ist mit seiner Idee von Kino sehr nah am Mumblecore. Auch bei ihm spielen die Improvisation und Spontaneität eine wesentliche Rolle, etwa in seinen Filmen »Voll Paula!«, »Hard & Ugly« oder »Lichter der Stadt«. In letzterem eiferte der 1979 in Marburg geborene Regisseur formal »Victoria« nach, denn wie Sebastian Schippers Meisterwerk entstand auch Wirtz' Film in einem ungeschnittenen Take. 

Etwas anderes versucht der produktive Regisseur nun mit »Der dritte Gast«. Sein Film will ohne Mittel einen kammerspiel­artigen Paranoia-Gruselfilm inszenieren: vier Darsteller, eine Location, nicht mehr. Spoiler: Das Experiment scheitert leider. 

Zu Beginn faselt ein Erzähler von schlimmen Ereignissen, die sich alle 30 Jahre wiederholten, und dass er sich jetzt mal zurückhalte, um uns, die Zuschauer, genießen zu lassen. Eva (Merle Peters) und Arthur (Tim-Fabian Hoffmann) checken in einem verlotterten Hostel in einer Großstadt ein und sind scheinbar die einzigen Gäste. Eingewiesen werden sie von Rezeptionist Viktor (László Nagy), ein schräger Typ im Jackett, der an den jungen Paul McCartney erinnert. In der schmuddeligen Hostelküche deutet er gegenüber dem Paar einen Vorfall an, der sich vor 30 Jahren ereignet habe. 

Eva und Arthur sind scheinbar die einzigen Gäste des Hostels und schlafen im »Fairy Room«. »Betreten sie auf keinen Fall das Schwedische Zimmer«, sagt der Rezeptionist und wiederholt mantraartig, dass ihr Zimmer das erste vorne rechts sei. In der Honeymoon-Suite wird Viktor später mit jemandem Schach spielen, Schnaps trinken und bedeutungsschwangeres Zeug reden.

So weit, so weird. Wirtz lässt das immer unsicherer werdende Paar durch Küche, Flur, Zimmer und Bad schleichen und reiht ein Genretropen-Potpourri aneinander. Die Tonspur wird dominiert von Glockenspielsounds und breiten Orgelflächen; die Kamera gleitet immer wieder, wie der im Titel angeteaserte ungewollte dritte Gast, durch den Flur. Am penetrantesten ist das Lichtgeflacker der Neonröhren. 

Formal entwickelt »Der dritte Gast« trotz No-Budget eine erkennbare künstlerische Vision. Inhaltlich allerdings stolpert der Film vor sich hin mit ungelenker Improvisation im Paranoiamodus. Blutige Handabdrücke am Spiegel, Identitätsverschiebungen: Wirtz gelingt es trotz aller seinem Film eingeschriebenen Ambitionen nicht, aus dem Andeutungsdschungel wirklich Spannung zu generieren.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt