Kritik zu Johnny & Me – Eine Zeitreise mit John Heartfield
Katrin Rothe porträtiert den politischen Künstler in einer experimentellen Versuchsanordnung mit verschiedenen Animationstechniken
Biopic oder klassisches dokumentarisches Porträt? Beides war der experimentierfreudigen Regisseurin Katrin Rothe (2013 Grimme-Preis für »Betongold – wie die Finanzkrise in mein Wohnzimmer kam«) offensichtlich zu langweilig. Und so hat sie ihre Annäherung an den 1891 als Helmut Herzfeld in Schmargendorf/Berlin geborenen aktivistischen Fotokünstler John Heartfield als exaltierte Mischform zwischen märchenhaften Spielszenen, historischen Dokumenten und verschiedenen Animationstechniken wie Cut-out oder Spiel mit Stabpuppen angelegt.
Das Vermittlungsscharnier in die Gegenwart gibt dabei die in einer kreativen Krise steckende Grafikerin Stefanie (von Stephanie Stremler schön ungelenk, mit einem starken Touch Naivität gespielt), die an der fortwährenden Anpassung an die vermarktungsorientierten Wünsche ihrer Auftraggeber leidet. Da kommt ihr der bei einer Auszeit in einer Ausstellung entdeckte Meister der politischen Fotomontage als Mentor und Sparringspartner gerade recht (»Ich spürte, dass John Heartfield mir etwas sagen wollte«). Und wie Alice in das Kaninchenloch stürzt Stefanie in einem »Time Warp« aus der Berliner Akademie der Künste mitten in die Kellerwerkstatt des Künstlers.
Dort bastelt sie mit einer vorgefundenen Schere erst einmal aus einigen Schichten Karton eine dreidimensionale Figur von Heartfield. Und sie findet gleich eine Mappe mit maschinengetippten biografischen Aufzeichnungen, von denen wir später erfahren, dass sie für die Kontrollgremien der Kommunistischen Partei (Stabpuppen!) angefertigt worden waren. Dann fängt der frisch gebastelte Pappkamerad unversehens an, sich mit einer Mischung aus Skepsis und Unterstützungswillen in Stefanies Tun und Machen einzumischen.
So entwickeln sich die biografischen Rekonstruktionen des weiteren Films im dialogischen Spiel zwischen Stefanie und dem revitalisierten Johnny. Sie werden durch atmosphärische Szenen aus dessen Erinnerung und animierte Versionen seiner Fotomontagen illustriert. Eine wesentliche auktoriale Entscheidung war es dabei, die Zeit der Weimarer Republik mit Dada, Malik-Verlag, AIZ und Flucht parallel zu Heartfields späten Jahren in der Nachkriegs-DDR zu erzählen, als der Kommunist der ersten Stunde Opfer der stalinistischen Paranoia in der Partei wurde.
Während die Einblicke in diese innerkommunistischen Auseinandersetzungen etwas unterkomplex geraten, überzeugt die eindringliche Erzählung von der wachsenden Bedrohung durch den aufkommenden Faschismus, die das Drehbuch explizit mit dem Heute in Beziehung setzt: »Faschismus: Weißt du überhaupt, was das heißt? Da sind sie wieder«, sagt einmal Heartfields Mund. Doch auch die restlichen Teile des mit deutscher, österreichischer und Schweizer Filmförderung produzierten politischen Porträts, in dem Privates nur ganz am Rande vorkommt, sind substanziell und überzeugend gestaltet.
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