Paramount+: »Frasier«
»Frasier« (Serie, 2023). © Chris Haston/Pamela Littky/Paramount+
Ganze 11 Staffeln mit insgesamt 264 Folgen und 37 Emmy-Auszeichnungen – die Zahlen verraten es: »Frasier« war eine Serie aus der Pre-Streaming-Ära. Ausgestrahlt wurde sie in den USA von 1993 bis 2001, Jahr für Jahr nach dem inzwischen fast ausgestorbenen Senderhythmus, bei dem Shows im September zu Schulanfang »zurückkehren«, um dann jede Woche zu einer bestimmten Zeit am gleichen Tag, unterbrochen nur von Feiertags- und Ferienpausen, eine neue Folge zu liefern, bis hin zum Sommer, insgesamt so um die 22–23 Folgen pro Staffel. Was vormals die Norm war, ist mittlerweile rar geworden; das Genre der Sitcom leidet darunter. Die Ausstrahlung im Wochenrhythmus scheint für eine Serie wie »Frasier« essenziell: Es gibt den Gewohnheitsfaktor und das gleichsam niedrigschwellige Angebot an den Zuschauer, einfach »vorbeizuschauen« bei vertrauten Figuren, die in mehr oder weniger den gleichen Sets wöchentlich immer ähnliche Konflikte verhandeln. Kein Streamingdienst hat es bislang geschafft, ein Äquivalent dazu zu produzieren. Nicht dass es nicht immer wieder versucht werden würde.
Die Neuauflage von Frasier für den Streamingdienst Paramount+ wird zehn Folgen haben, und nach den fünf zu urteilen, die vorab zu sichten waren, will man die alte Gewohnheitsmagie wiederherstellen. Zwar lässt man mit Kelsey Grammers Dr. Frasier Crane die zentrale Figur gealtert in eine neue Stadt ziehen, baut um sie herum aber sorgsam die vertraute Konfiguration mit neuen Figuren nach. Frasier will nun in Boston mehr Zeit mit seinem Sohn Freddy verbringen. Aus dem nerdigen Schlaumeierkind, das man in der Ursprungsserie kennenlernte, wurde inzwischen ein Studienabbrecher, der sein Geld als Feuerwehrmann verdient. Der Gegensatz der alten Serie, in der Frasier als snobistischer, hochkulturbesessener Intellektueller sich vom Polizistenvater nicht geachtet fühlte und vice versa, wird so zwischen Vater und Sohn etwas matt wiederholt. Was in der Ursprungsserie gut funktionierte, weil mit John Mahoneys Vater Crane die Auseinandersetzung der Boomer mit ihrer gefühlsverschlossenen Vätergeneration nachgebildet wurde, findet in der Neuauflage keine wirklich zeitgemäße Entsprechung, könnte sich aber noch spannend entwickeln.
Bruder Niles ist nicht dabei, wird aber würdig vertreten vom Neffen David (Anders Keith), der sozusagen das Charakterdouble seines Vaters darstellt. Für alle, die die Ursprungsserie noch gut im Kopf haben, wirken die ersten Folgen noch etwas uneben und wie aus dem Tritt. Der Einzige, der mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit zurückfindet in seinen alten Groove, ist Kelsey Grammer. Wie er auch die etwas weniger pointiert geschriebenen Dialoge zum Funkeln bringt, sie durch Schichten von Selbstüberschätzung und -ironie, von Höhenflug und Niedergeschlagenheit anreichert, verführt zum Dranbleiben. Frasier gehörte schon immer zu den raren Figuren der Serienlandschaft, die den Ton wechseln und so Konflikte entschärfen konnten. Man hat sein »I'm listening« vermisst.
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