Kritik zu Joy Ride – The Trip
Der männerbündelnde Roadtrip voll krassen Wendungen und derbem Humor wird neu erfunden mit einer Freundinnenclique von keineswegs scheuen US-Asiatinnen im Zentrum
Humor ist vor allem eine Frage der Perspektive. Wer macht Witze worüber für wen? Mit einem marginalisierten Blickwinkel kann so auch aus einem bekannten Konzept etwas entstehen, das überrascht und überraschend gut funktioniert. Wie im Fall der Komödie »Joy Ride«, die das Subgenre des Buddy-Roadtrips – mit meist männlichen, weißen Protagonisten – auf eine Clique US-asiatischer Frauen überträgt und dabei in Sachen Derbheit den Vorbildern in nichts nachsteht.
Seit Kindertagen sind Audrey und Lolo beste Freundinnen. Als die beiden einzigen asiatischen Kids wuchsen sie in Seattles anglosächsischem Wohnviertel White Hills auf, so was prägt. Lolo (Sherry Cola) ist unangepasst, macht sexpositive Kunst, bislang erfolglos. Audrey (Asley Park) dagegen ist klassische Overachieverin und kompensiert damit unbewusst, als Adoptionskind einer weißen Familie zwischen allen Stühlen zu sitzen.
Auch als Junganwältin einer renommierten Kanzlei ist sie allein unter weißen Männern. Sie könnte in der Kanzlei zur Partnerin aufsteigen, wenn sie einen bestimmten chinesischen Geschäftsmann als Klienten gewinnt – und so macht sie sich mit Lolo als Support auf den Weg nach Peking. Die wiederum hat noch die nerdige, sozial unbeholfene Deadeye (Sabrina Wu) im Schlepptau, und in Peking stößt noch Kat (Stephanie Hsu) zu ihnen, Audreys Freundin aus Unizeiten, die sich als Schauspielerin mit keuschem Image neu erfunden hat und bei sprachlichen und kulturellen Fallstricken helfen soll.
Davon gibt es reichlich, denn von ihrem Äußeren abgesehen, ist Audrey die personifizierte weiß-amerikanische Ignoranz, was schnell für allerlei Irritationen sorgt. Die vermeintliche Lösung: Sie findet ihre biologische Mutter und beweist damit ihre Wurzeln und Verbundenheit zu China.
Das Regiedebüt von Adele Lim, die unter anderem das Drehbuch zum Komödienhit »Crazy Rich Asians« geschrieben hatte, wurde von Seth Rogen und Even Goldberg produziert, die mit »Superbad« und anderen Buddy-Komödien bereits Erfahrungen im bislang überwiegend männlich geprägten Genre haben. Auch hier besteht der Humor aus derben Witzen über Körperteile, -öffnungen und -flüssigkeiten, mal sexuell, mal eher ekelevozierend und immer mit großer Freude auf die Zwölf, nur eben aus weiblicher Sicht. Bei einigen Scherzen hätten selbst »Sex and the City«-Samantha und die »Bridesmaids« rote Ohren bekommen.
Die Chemie des »Joy Ride«-Ensembles wirkt ansteckend und rettet den temporeichen Film über so manchen logischen Abgrund hinweg. Was ihn aber vor allem interessant macht, sind die etlichen ethnisch-kulturellen Anspielungen und Seitenhieben, die einem europäischen Publikum womöglich nicht immer geläufig, aber im Kontext verständlich und oft sehr gelungen sind. Der adoptierten Hauptfigur verzeiht man ohnehin die meisten Fauxpas, treten durch diese Figur die falschen Stereotypisierungen doch umso deutlicher hervor. Mit Humor lässt sich so manches Vorurteil noch immer am besten entlarven.
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