Netflix: »Schlafende Hunde«
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Der Blick des Mannes ist stumpf und leer. Müde schiebt er einen Einkaufswagen mit wenigen Habseligkeiten vor sich her. Mike (Max Riemelt) ist ganz unten angekommen. Der Schichtdienst beim Kriminaldauerdienst hat ihn ausgelaugt. Seit geraumer Zeit schon nimmt der Polizist Tabletten. Zugedröhnt unterlief ihm im Einsatz ein fataler Fehler, der ihn dann jäh aus dem bürgerlichen Leben hinauskatapultierte.
»Schlafende Hunde« erzählt von seinem beschwerlichen Weg zurück. Das Drehbuch basiert auf der israelischen Serie »The Exchange Principle«. Bei der Anpassung an deutsche Verhältnisse setzt der Robert-Geisendörfer-Preisträger Christoph Darnstädt auf bekannte Erzählmuster. So ist es natürlich der beste Freund und Kollege Luka (Carlo Ljubek), der mit Mikes Ehefrau ins Bett geht. Unerwartete Hilfe erhält der abgestürzte Polizist von einer unerfahrenen Staatsanwältin, Jule (Luise von Finckh), die zwar nicht in der Lage ist, eine Anklageschrift korrekt zu formulieren, aber mit der er zusammen einem Komplott auf die Spur kommt.
Wie in den meisten Krimis, in denen der Held um die Wiedererlangung seines Gedächtnisses ringt, erscheint auch hier die Geschichte zuweilen etwas konstruiert. »Gut möglich, dass die Russen involviert sind. Die wollen das ganze Land umbauen und ihre Leute an den Schaltstellen installieren.« Dies erklärt ein nervöser Privatdetektiv, kurz bevor ihm das Hirn weggepustet wird. Um dem verschachtelten Plot zu folgen, muss man die Ohren spitzen. Wie im »Tatort«-Krimi werden die Namen zahlreicher Funktionsträger betont schlampig dahingenuschelt.
Berlin erscheint in dem Sechsteiler recht stylish. Ein Kollege von Mike hat ein schickes Hausboot, das am Spreeufer vor Anker liegt. Und die Obdachlosen unter der Eisenbahnbrücke sehen aus wie designte Clochards. Um sechs Folgen zu füllen, werden die Schicksale von Gesetzeshütern und ihren Angehörigen durchdekliniert. Mikes Teenagertochter Tinka (Tara Africah Corrigan) hadert mit ihrem Übergewicht. Und die Kollegin Britney (Melodie Wakivuamina) will ihre lesbische Beziehung reaktivieren. Als Paar kann man leichter ein Kind adoptieren.
»Schlafende Hunde« ist eine reine Polizeiserie; Polizisten und Staatsanwälte schmoren im eigenen Saft. Das Milieu, in dem sie ermitteln, spielt eine untergeordnete Rolle. Das wiederkehrende Motiv eines Bombenanschlags – mit dem die Serie auf den Terrorakt am Berliner Breitscheidplatz von 2016 anspielt – bleibt im Hintergrund. Islamismus ist in dieser Serie ausschließlich ein Problem der Verbrechensbekämpfung. Um ihre Quoten im Kampf gegen Berliner Clankriminalität aufzubessern, lässt Staatsanwältin Steck (Melika Foroutan) eiskalt Beweise fälschen. Moralisch sieht sie sich im Recht. Sie kämpft ja gegen Männer, die »mit Kopftuch-Muttermilch gegen den Rechtsstaat geimpft« wurden. Dieses Framing erscheint schon etwas belehrend. Zumal die eigentlich recht flott inszenierte Serie eher als unterhaltsamer Polizeithriller konzipiert ist.
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