Kritik zu Vamos a la playa
Bettina Blümner (»Prinzessinnenbad«) erzählt eine Coming-of-Age-Geschichte in der Hitze Kubas
Die Anspannung ist vom ersten Moment an zu spüren innerhalb dieses Dreigespanns, das da an einem windigen, kühlen Frühlingstag von Köln nach Kuba fliegt: Benjamin mit verwehtem, sich schon lichtendem Haar, einen riesigen Wanderrucksack auf dem Rücken, einen kleineren vor der Brust, genervt wartend auf Katharina, die mit dem Taxi und silbernem Rollkoffer angerauscht kommt, ihre Freundin Judith ebenfalls im Gepäck. Die ist zurückhaltend-freundlich. Katharinas Vater hat sie und Benjamin gebeten oder besser beauftragt, den verschollenen Sohn Wanja auf der Karibikinsel aufzutreiben. Also schickt Regisseurin und Drehbuchautorin Bettina Blümner die drei in »Vamos a la playa« los, nicht nur auf die Suche nach Wanja, sondern auch nach sich selbst. Und ganz nebenbei geht es noch um ausbeuterischen (Sex)Tourismus, Armut und gedankenlose Gutmenschen. Viele Themen und ein Anspruch, dem Blümner bei allem Bemühen um Authentizität nur im Ansatz gerecht wird.
Reichlich ausgestattet mit dem Geld von Katharinas Vater, fliegen die drei also nach Kuba. Der Vater scheint krank, doch Katharina (Victoria Schulz) will das nicht so recht glauben, vielleicht ist es ihr auch egal. Sie ist vor allem auf der Suche nach sexuellen Abenteuern, am liebsten bezahlten. So kann sie ihre Macht – mit Papas Geld – ausspielen und ist darin ihrem Vater gar nicht so unähnlich. Männlichen Sextouristen übrigens auch nicht, für die sie nur jugendlichen Spott und Verachtung übrig hat. Benjamin (Leonard Scheicher), von frühester Jugend von diesem Vater seiner Freundin eingeschüchtert, geht seinen Auftrag gewissenhaft an, führt akribisch Buch über die Ausgaben. Und Judith (Maya Unger)? Die kommt einfach so mit, flirtet ein wenig mit Benjamin, bis sie den Salsa-Lehrer Ignazio kennenlernt. Urplötzlich taucht tatsächlich Wanja auf, der von einer kubanischen Familie aufgenommen wurde, die er nun mit dem Geld seines Vaters unterstützen will. Alle haben hehre Ziele, wollen selbstbestimmt und verantwortungsvoll handeln, suchen sexuelle Erfüllung, aber auch die Liebe. Es sind die typischen Coming-of-Age-Themen, die Blümner mit ihrem Co-Autor Daniel Nocke aufwirft. Doch dieser Blick der Endvierzigerin auf die Mittzwanziger wirkt anbiedernd und altväterlich zugleich.
Dabei ist Blümner, die 2008 für »Prinzessinnenbad« den Deutschen Filmpreis für den besten Dokumentarfilm erhielt und einst auf Kuba studierte, um maximale Authentizität bemüht. Da ist kein Pickel weggeschminkt, keine Haarstoppel sind glattrasiert oder Hautfalten geglättet, selbst die karibische Sonne hüllt die Figuren nur ganz selten in ein sanftes Licht. Und dann sind da noch die Smartphone-Sequenzen, in denen die drei Protagonist*innen sich selbst filmen und Fragen beantworten wie »Was ist für dich ein guter Orgasmus« oder »Rasiert oder nicht?« Das ist unterhaltsam und aufschlussreich, ploppt aber völlig unmotiviert auf. Doch dank des großartigen Ensembles schaut man den dreien trotzdem gern dabei zu.
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