Kritik zu Rex Gildo – Der letzte Tanz
Rosa von Praunheim porträtiert auf semifiktionale Weise das Leben des Schlagersängers Rex Gildo, der seine Homosexualität vor der Öffentlichkeit verbarg
»Wer das verbietet, weiß nichts von der Liebe, der ging bis heute am Leben vorbei«, schmettert der hübsche junge Mann im azurblauen Anzug von der Bühne. »Wir halten nichts von Heimlichkeit«, heißt es wenig später im Lied. Der Auftritt Ende der 1960er Jahre steht fast am Ende von Rosa von Praunheims Film über das voll Enthusiasmus begonnene und tragisch endende Leben des Schauspielers und Schlagersängers Rex Gildo. Denn der 1936 als Ludwig Franz Hirtreiter in eine zerbrochene bayerische Familie geborene Künstler lebte genau solche Heimlichtuerei. Seit dem Beginn seiner Karriere war er mit dem einige Jahrzehnte älteren Fred Miekley liiert, der auch für Fortkommen und künstlerische Zurichtung sorgte. In der Öffentlichkeit galt dieser Geliebte als »Onkel«. Und Rex wurde als Frauenschwarm für einige Jahre als Duett- und Liebespartner der dänischen Kollegin Gitte Haenning vermarktet und später in eine Ehe mit seiner Cousine gedrängt. Nach Miekleys Tod und schweren seelischen Krisen engagierte der Künstler einen jungen Mann als Chauffeur und Privatsekretär, bevor er sich 1999 unter ungeklärten Umständen aus dem Fenster seines Münchner Apartments stürzte.
So erzählen es jedenfalls Rosa von Praunheim und Co-Autor Nicolas Woche in ihrem Dokudrama, das nach vertrauter Manier Statements (unter anderem von Connie Froboess, Vera Tschechowa, Gitte Haenning und Costa Cordalis) mit einem auktorialen Kommentar, Archivmaterialien und Spielszenen im Camp-Stil verknüpft. In denen gibt der österreichische Musicaldarsteller Kilian Berger mit Verve den jungen Rex, während Kai Schumann, der 1999 in Praunheims »Der Einstein des Sex« noch als junger Magnus Hirschfeld debütierte, nun den aufgedunsenen Toupetträger spielen muss. Ben Becker macht die Rolle des Verführers und autoritären Förderers sichtlich Spaß, er kommt aber als ernsthafter Liebespartner doch arg schmierig rüber.
Es war von Praunheim, der 1991 mit seinem Zwangs-Outing von Biolek und Kerkeling die Verleugnung von Homosexualität unter Medienprominenten zum Thema gemacht hatte. Und wenn die Journalistin Gudrun Gloth vor ihrer Bücherwand mit einem prominent ausgestellten Band zu Jean Marais gefilmt wird, darf dies auch als Referenz an einen Darsteller verstanden werden, der ein Vierteljahrhundert vor Rex seine Liebe zu Jean Cocteau offen lebte. Doch es wird im Film sehr deutlich, dass schwule Offenheit im Showgeschäft der deutschen Nachkriegsjahre keine persönliche Wahl war. Darüber wachte das hier stark stilisiert von einem Trio glatzköpfiger »Plattenbosse« dargestellte Management. Über die Rahmung durch ein anderes Dreiergespann lässt das Drehbuch vorsorglich das Beharren mancher auf der offiziellen Version von Gildos Leben einfließen: Schwarz gekleidete (unter anderem mit Beckers Mutter Monika Jansen besetzte) vergrämte weibliche Altfans, die erst am Grab auf die »falschen Anschuldigungen« schimpfen und am Ende dann auch Regisseur von Praunheim selbst auf einem inszenierten Filmset als »alte Sau« attackieren.
Kommentare
Rex Gildo-Film
Ich sah gerade eben in der ARD den Film! Die ganze Kritik finde ich unberechtigt! Ich bin selber in der Musikbranche tätig, und der Film zeigt ungeschminkt einfach die Wahrheit! Mich hat der Film sehr berührt!
Rex Gildo - Der letzte Tanz
Ich kann mich der positiven Kritik nicht anschließen – in meinen Augen ein grottenschlechter Film, handwerklich und künstlerisch dilettantisch. Die Darsteller (die Bezeichnung "Schauspieler" wäre eine Beleidigung für alle Menschen, die diese Kunst wirklich beherrschen) agierten zwischen Laienspiel und Amateurtheater, selbst Ben Becker konnte es nicht rausreißen und blieb m. E. weit unter seinen Möglichkeiten. Geradezu grotesk in ihrem Spiel waren die 3 Parzen, Schicksalsnornen or whatever, und auch in den Nebenrollen glänzten die Darsteller durch übertriebene Tuntigkeit: Rosa von Praunheim hat wieder einmal alle Klischees erfolgreich bedient. Fazit: Wie bei den meisten seinr Filme: Gute Themen, aber miserabel umgesetzt!
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