Kritik zu Hyde Park am Hudson

© Tobis

2012
Original-Titel: 
Hyde Park am Hudson
Filmstart in Deutschland: 
28.02.2013
L: 
94 Min
FSK: 
12

Und noch einmal: die britischen Royals vor dem Zweiten Weltkrieg, diesmal im Kontrast zum amerikanischen »Präsidentenhof« um Franklin D. Roosevelt, seine Frau Eleanor und eine entfernte Cousine

Bewertung: 1
Leserbewertung
3
3 (Stimmen: 1)

Binnen kürzester Zeit ist dies schon der dritte Film, der die britischen Royals vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zeigt: In Tom Hoopers The King’s Speech intonierte Colin Firth das Ringen von König George VI. mit seinem Stottern, nachdem sein älterer Bruder das Amt abgegeben hatte, um die geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten. Dann stellte Madonna eben diese Liebesgeschichte ins Zentrum ihres Films »W. E.«, und schließlich nähert sich Roger Michell den britischen Royals sozusagen aus der amerikanischen Perspektive, in jenem Moment, in dem King George VI. und seine Frau Elizabeth, die zukünftige Queen Mum, nach Amerika zu Franklin D. Roosevelt reisen, um die Amerikaner für den Krieg gegen Hitler zu gewinnen. Aus der Kollision von amerikanischer Lässigkeit und britischer Steifheit entwickelt sich eine »Comedy of Manners«, die jedoch weit hinter den Glanzlichtern des Genres von Robert Altmans Gosford Park oder der zur Zeit gefeierten Serie »Downton Abbey« zurückbleibt.

Zuerst brüskiert Eleanor Roosevelt (Olivia Williams) die Queen, indem sie trotz ausdrücklicher Warnungen fragt, ob es okay sei, sie Elizabeth zu nennen. Später lässt sie beim Picknick zu Ehren des britischen Staatsbesuchs so Profanes wie Hot Dogs servieren. Plötzlich hängen weltbewegende Entscheidungen über Krieg oder Frieden davon ab, ob die Royals gute Miene zum saloppen Spiel machen: Wird sie ins Wurstbrötchen beißen?

Der Katalysator für Michells Filmprojekt war der Tod einer alten Dame im Jahre 1991, in deren Nachlass Briefe und Tagebuchaufzeichnungen über ihre geheime Affäre mit dem amerikanischen Präsidenten auftauchten. Aus der Perspektive besagter Daisy Suckley, einer Präsidentencousine fünften Grades, werden die Ereignisse im Juni 1939 erzählt, was problematisch ist, da sie eine unscheinbare, scheue, alte Jungfer ist, die sich im Wesentlichen damit begnügt, am Rand der Ereignisse herumzustehen. Da das Drehbuch von Richard Nelson ihr keinerlei originelle Beobachtungen und Gedanken zugesteht, ist die Rolle selbst für eine wunderbare Schauspielerin wie Laura Linney ausgesprochen undankbar.

Schmerzlich ahnt man, wie viel mehr Funken die von Olivia Williams mit genüsslich sardonischem Witz ausgestattete Eleanor Roosevelt aus dem Mix von politischen und amourösen Affären und britisch-amerikanischen Animositäten geschlagen hätte. Bill Murray unterwandert derweil die staatsmännische Aura seines nach einer Polio-Erkrankung gelähmten Präsidenten unvorteilhaft mit dem ironisch vielsagenden stone face, das er in diversen Komödien perfektioniert hat. Was möglich gewesen wäre, zeigt ein After-Dinner-Duett im Arbeitszimmer des Präsidenten, bei dem die beiden Staatsmänner diskret ihre Stärken und Schwächen abklopfen und sich hinter den abgezirkelten Ritualen der Politik eine  subtile Annäherung von zwei Männern abzeichnet, die in exponierter Stellung das Handicap einer Behinderung teilen. Einen flüchtigen Moment lang hält der Film da eine Spannung, nur um alsbald wieder im belanglosen Geplänkel zwischen Politik und Affären zu verpuffen.

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