Amazon: »The Flight Attendant« Staffel 2
»The Flight Attendant« (Staffel 2, 2022). © WarnerMedia Direct, LLC. All Rights Reserved. HBO Max™
Die erste Staffel von »The Flight Attendant« war ein solcher Überraschungshit, dass eine Fortsetzung unausweichlich wurde. Es ist ein immer wieder auftauchendes Problem: Da erzählt eine Serie eine wunderbar in sich abgeschlossene Geschichte, kreiert im Verlauf aber ein Ensemble von so interessanten Figuren, dass es verschwenderisch erschiene, sie nicht weiter zu beschäftigen. Im Fall von »The Flight Attendant« gehörte dazu nicht nur die Heldin im Zentrum, Kaley Cuocos alkoholsüchtige Flugbegleiterin Cassie, sondern auch ihre übersmarte Freundin Annie (Zosia Mamet), die es als Rechtsanwältin in Mafia-Kreise verschlagen hatte, deren nerdig-charmanter Boyfriend Max (Deniz Akdeniz) sowie diverse Kollegen und Kolleginnen, die heimlich für verschiedenste Geheimdienste arbeiteten. Und dann gab es noch eine Auftragskillerin namens Miranda Croft (Michelle Gomez), die sich nicht nur durch ihren schottischen Akzent von den anderen Attentätern unterschied. Es war alles ziemlich over the top, aber die Macher kreuzten das Verfahren einer Mordermittlung so raffiniert und kühn mit Spionagethrillerelementen und den emotionalen Ausschlägen eines Alkoholikerdramas, dass sich am Ende die Sinnfrage gar nicht mehr stellte. Man fühlte sich wie nach einer Achterbahnfahrt – berauscht und gierig nach mehr.
Bekanntermaßen macht eben Thrill auch süchtig. Es passt perfekt, dass wir Cassie zu Beginn der zweiten Staffel zurück in ihrem Beruf als Flugbegleiterin sehen, mit neuem Zuhause und neuem Freund in Los Angeles, damit prahlend, ein Jahr lang schon nichts mehr getrunken zu haben – aber gleich schon ihre neue Sucht offenbarend: Sie begibt sich gerne in Gefahr! Als Nebenjob soll sie für den CIA bestimmte Passagiere im Auge behalten, aber Cassie kann sich nicht helfen und heftet sich nach Ankunft in Berlin regelrecht an die Fersen des Kunden. Prompt passiert es wieder: Vor ihren Augen wird er das Opfer einer vermeintlichen Gasexplosion. Wie gehabt komplizieren sich die Dinge weiter. Offenbar hat Cassie ein Double, das mörderisches Chaos unter Agenten anrichtet. Gleichzeitig stellt sich heraus, dass sie ihren Alkoholismus doch weniger gut im Griff hat als vorgegeben. Wie schon in der ersten Staffel trägt sie ihre inneren Konflikte mit imaginären Gegenübern aus – statt des toten Alex Sokolov (Michiel Huisman) sind es diesmal verschiedene Inkarnationen ihrer selbst.
Das atemlose Tempo, die launigen Nebenfiguren, der durchbrechende schwarze Humor, der von Trommelwirbel begleitete Szenenwechsel – fast alles fühlt sich genauso an wie in Staffel eins, kann aber nicht mehr im gleichen Maße fesseln. Am überzeugendsten ist dabei Cassies Kampf mit der Sucht und ihrer Familiengeschichte, der Agenten-Plot aber dockt entweder zu nahe an das an, was in der ersten Staffel bereits auserzählt wurde oder greift auf müde Klischees zurück. Und trotz alledem möchte man die Figuren auch noch in einer dritten Staffel agieren sehen.
OV-Trailer Staffel 2
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