Kritik zu Fuchs im Bau
Arman T. Riahi (»Die Migrantigen«) siedelt seinen neuen Film im Jugendtrakt einer Wiener Haftanstalt an, wo ein Mittelschullehrer eine neue Stelle antritt
Unkonventionelle Kontexte verlangen nach unkonventionellen Maßnahmen. Auf die vielsagende Idee des neuen Mittelschullehrers Fuchs (Aleksandar Petrović) und seiner alteingesessenen Kollegin, der Gefängnispädagogin Berger (Maria Hofstätter), muss man erst mal kommen: Die beiden hämmern kurzerhand eine Tür aus Bergers Wohnung und schleppen das sperrige Ding am nächsten Tag mit in die Gefängnisschule. »Hinter der Tür wartet die Freiheit!«, erklärt das kinematographisch ungleiche Paar den fluchenden, sich schlagenden, frotzelnden Schützlingen, und siehe da: Der sonst schwer zu motivierende Haufen macht mit, ein jeder feiert auf seine Art die fiktive Freiheit.
Inspiriert von den Erfahrungen des Sonderpädagogen der Justizanstalt Josefstadt, Wolfgang Riebniger, wirft uns Regisseur Arman T. Riahi in »Fuchs im Bau« hinein in den Jugendtrakt einer Wiener Haftanstalt. Mit dem neuen Fuchs, der hier buchstäblich im Bau ist, lernen wir die rauen Gepflogenheiten hinter Gittern kennen. Da fliegen ein ums andere Mal die Fetzen im Unterricht, den Berger mit assoziativen Methoden, quasi vom Höcksken aufs Stöcksken kommend, und vor allem mit künstlerischer Betätigung am laufen hält. »Schließen Sie die mittlere Tür auf«, grummelt die abgebrühte Lehrerin das Greenhorn an. Dahinter warten die geliebten Farben, Pinsel, Kleister. Kreativität, so eine Lehre des Films, ist der Schlüssel zur Ruhe und zum Innern der Schüler.
Riahis beim Max Ophüls Preis für die beste Regie, das beste Drehbuch und mit dem Preis der Jugendjury ausgezeichnete Film bedient Klischees, um sie mit schwarzem bis absurdem Humor zu unterminieren. Man kennt das: diese filmische positive Pädagogik, das ungleiche, sich neckende, dann aber doch liebende Paar, die Konflikte mit denen da oben, hier verkörpert durch den obersten Wachbeamten Weber (Andreas Lust), der den Unterricht am liebsten ganz einstellen würde.
In »Fuchs in Bau« bekommt das Altbekannte einen nicht gänzlich neuen, aber doch sympathisch-kauzigen Drive. Das liegt vor allem an den guten Schauspielern, allen voran an Petrović und Hofstätter, die als schrulliges Paar zu Höchstform auflaufen.
Fuchs, ehemals Drummer einer Postrockband, knabbert an der eigenen Vergangenheit und findet in Samira (Luna Jordan), der verschwiegensten und zugleich wütendsten Insassin, einen produktiven Spiegel für die eigene Familienaufarbeitung. Eine erwartbare, jedoch sympathische Antwort des Films lautet: Music is the key!
Zwischen Drastik, Versöhnung und Hoffnung verhandelt Fuchs im Bau den Alltag hinter Gittern, den Kampf gegen destruktive Selbstaufgabe und persönliche Traumata. Der Film reißt vieles, ja zu vieles an, ohne den Anspruch zu haben, zu allem Antworten zu finden. Ein bisschen fühlt es sich bei den verschiedenen Figuren und offenen Handlungsfäden an, als hätte Riahi den Pilot zu einer Miniserie gedreht. Was vielleicht gar keine so schlechte Idee wäre.
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