Kritik zu Ohne Dich
Geburt und Tod, Abschied, Trennung und Alleinsein: die schicksalhaften Veränderungen im Leben von drei Frauen sind das Thema von Alexandre Powelzʼ besinnlichem Kinodebüt
Ein Film über Leben und Sterben, über Geburt und Tod und über Ängste, Hoffnungen und die Frage nach dem Schicksal. Größer könnten die Themen kaum sein, die Alexandre Powelz in seinen ersten Langfilm packt, doch man sieht, dass hier kein Anfänger am Werke ist, sondern ein Filmautor, der in den verschiedensten Bereichen Erfahrungen gesammelt hat. Geboren 1970 in München, schloss Alexandre Powelz eine Weiterbildung als Drehbuchautor ab und arbeitete zunächst als Hörspielregisseur. 2005 gründete er zusammen mit dem Produzenten Alexander Seib in Berlin die Salonfilm Powelz und Seib Film GbR. Seine Kurzfilme Phantomschmerz und Niemand liebt dich so wie ich erregten beachtliche Aufmerksamkeit.
Ohne Dich ist ein Film, der von dieser Erfahrung profitiert. Dicht, mit einem an besonderen Momenten starken Drehbuch, erzählt Alexandre Powelz von drei Frauen, die mit dem, was das Schicksal bringt, zu kämpfen haben. Die kinderlose Hebamme Rosa (Katja Riemann) liebt ihren Mann, den Therapeuten Marcel (Charly Hübner), über alles. Als sie eine Krebsdiagnose erhält, gerät ihre ganze Welt ins Wanken. Auf der anderen Seite lebt die Kellnerin Motte (Helen Woigk) in den Tag hinein. Sie fühlt sich allein am wohlsten und kultiviert ein mehr oder minder zielloses Inseldasein. Nach einer Nacht mit dem schwulen Neo (Arne Gottschling) ist sie ungewollt schwanger und muss nun herausfinden, ob sie in Zukunft zu zweit oder gar als Kleinfamilie leben will. Als Drittes kommt noch Rosas Haushaltshilfe Layla (Meral Perin) hinzu, die von ihrem wesentlich jüngeren Liebhaber verlassen wurde. Ohne Dich ist also auch ein Film über Trennungen, absichtsvolle, zufällige und ungewollte. Es ist ein Film, der zeigt, dass das Schicksal etwas ist, das ein Handeln erfordert. In der Art, wie Rosa ihren Krebs erträgt, Motte die Schwangerschaft akzeptiert und Layla bis zur Selbstaufgabe kämpft, zeigt sich eine individuelle Kraft, die der sogenannten Unausweichlichkeit des Schicksals entgegensteht.
Alexandre Powelz hat seinen Film multiperspektivisch angelegt, um das Thema von verschiedenen Seiten betrachten zu können. Das fördert eine theoretische Durchdringung, eine Art künstlerische Analyse, schadet aber leider den Figuren. Sex und Erotik bezeichnen eine funktionierende Beziehung, eine punkige Kluft die Weltabgewandtheit und ein zerfurchtes Gesicht die Sehnsucht. Das sind Attribute, die eine jeweilige Geschichte ersetzen sollen, dazu aber nicht ausreichen. Selbst Stars wie Katja Riemann und Charly Hübner können den Figuren nur wenig emotionale Tiefe geben, eben weil die Geschichte fehlt, die diese Gefühle tragen könnte. So wird aus der anfänglichen Stärke des Films, der engen motivischen Verknüpfung und der überzeugenden bildlichen Komposition seine Schwäche. Der Film, der so viel will, verläuft am Schluss im aufgewühlten Nichts. Eine gewisse Faszination bleibt dennoch zurück.
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