Interview: Peter Dinklage über seine Rolle in »Cyrano«
Peter Dinklage in »Cyrano« (2021). © Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc.
Seine Rolle als Tyrion Lannister in der HBO-Serie »Game of Thrones« machte ihn berühmter als es für Charakterdarsteller üblich ist – und brachte ihm neben vier Emmys auch noch einen Golden Globe und zuletzt einen Screen Actors Guild Award ein. Peter Dinklage, 1969 in New Jersey geboren, hat sich von Anfang an in seiner Schauspielkarriere bemüht, die Besetzung als »Alb« oder »Leprechaun« zu vermeiden. Nach Independent-Filmprojekten wie »Living in Oblivion« (Tom DiCillo, 1995) erlebte er mit Tom McCarthys »Station Agent« (2003) seinen ersten Durchbruch
Mr. Dinklage, was macht »Cyrano« in Ihren Augen zu einem Stoff, der sich immer wieder zu verfilmen lohnt?
Ich glaube, es gibt wenige Geschichten, die so deutlich machen, was es bedeutet, jemanden wirklich aus tiefstem Herzen zu lieben. Cyrano verwehrt sich selbst seine Gefühle, um seine Angebetete glücklich zu machen. Er verzichtet selbst auf die Liebe, damit die Frau, die er liebt, ihrer nachgehen kann. Ein besseres Bild für wahre Liebe und Hingabe gibt es doch kaum. Höchstens noch in der Beziehung zwischen Eltern und ihrem Kind, wo man ja auch das eigene Wohlergehen dem eines anderen Wesens unterordnet. Dazu kommen dann aber natürlich in der Geschichte von Cyrano noch andere Elemente, die heutzutage vielleicht so relevant sind wie nie. Dieses Bedürfnis, nach außen nicht sein wahres Ich, sondern eine geschönte Version seiner selbst zu zeigen, hat ja mittlerweile online fast jeder.
Waren Sie auf Anhieb von der Idee überzeugt, dass Cyrano dieses Mal nicht unter einer zu großen Nase, sondern seiner kleinen Statur leidet?
Das fand ich natürlich großartig. Und zwar nicht nur, weil ich dadurch mich selbst in dieser Geschichte wiedergefunden habe. Ich fand ganz unabhängig davon immer schon das Problem, dass ich in den meisten »Cyrano«-Inszenierungen einfach stets einen attraktiven Schauspieler mit offensichtlich künstlicher Nase gesehen habe. Da fehlte immer das letzte bisschen Authentizität, weil nie zu übersehen war, dass da etwas Fake ist. In unserem Fall gewinnt die Geschichte vielleicht ein wenig mehr Tiefe – und obendrein befreite es mich als Schauspieler, weil wir etwas Neues machten.
Diese Geschichte ist auch eine über die Macht der Worte. Wann wurde die Ihnen zum ersten Mal bewusst?
Spontan würde ich sagen: als ich das erste Mal in Gegenwart meiner Eltern geflucht habe. Und vermutlich gibt es kaum einen eindrücklicheren Moment als den, in dem zum ersten Mal ein anderer Mensch zu einem sagt: Ich liebe dich. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich fand Sprache schon in jungen Jahren faszinierend und habe immer wieder Gedichte geschrieben. Mache ich auch heute noch hin und wieder. Insgesamt habe ich allerdings das Gefühl, dass wir zu oft die Wirkungsmacht von Worten unterschätzen. Gerade in politischen und gesellschaftlichen Debatten sollten wir sorgsamer mit ihnen umgehen und immer bedenken, dass alles, was wir aussprechen, eine Konsequenz hat.
Auch Tyrion Lannister in »Game of Thrones« war ein Sprachkünstler. . .
Oh ja, die beiden haben einen famosen Witz gemein und formulieren besser als irgendwer sonst. Und beide dürften das Gefühl kennen, die schlauste Person im Raum zu sein. Aber Tyrion ist dann doch deutlich besser darin, ehrlich seine Gefühle auszudrücken. Schließlich ist er im Laufe der Serie ziemlich oft in Schwierigkeiten geraten aufgrund seiner Ehrlichkeit. Vor allem natürlich, wenn es um die Frauen ging. Dafür ist Cyrano deutlich talentierter mit Schwert und Degen. Aber fragen Sie mich bitte nicht, welche der beiden Figuren mir näher ist oder ich lieber mag. Zwischen meinen Kindern will ich mich ja auch nicht entscheiden müssen.
Apropos talentiert: Wie leicht fiel Ihnen bei »Cyrano« eigentlich der Gesang?
In meiner Komfortzone liegt das Singen definitiv nicht, so viel ist klar. Aber genau deswegen reizte mich natürlich damals die Hauptrolle im Bühnenmusical schon so sehr, woran ich nun bei der Verfilmung anknüpfen konnte. Dass unsere Komponisten Aaron und Bryce Dessner von der Band »The National« die Songs mehr oder weniger für mich und meine Stimme schrieben, erleichterte mir die Sache natürlich sehr. Zumal der Sänger von »The National«, Matt Berninger, der nun auch die Texte schrieb, einer meiner absoluten Lieblingssänger ist, und ich mich mehrfach dabei ertappte, wie ich ihn stimmlich imitierte. Davon musste ich mich fast wieder ein bisschen freimachen.
Das Drehbuch zum Film stammt, genau wie das Bühnenstück, von Ihrer Ehefrau Erica Schmidt. Halten Sie nichts von der Devise, Berufliches und Privates zu trennen?
Offensichtlich nicht, denn nach diversen Theaterstücken ist das hier schon mindestens unsere fünfte Zusammenarbeit. Für mich macht unsere Vertrautheit und Nähe die Kollaboration nicht kompliziert, sondern wundervoll leicht. Wir verstehen uns blind, Missverständnisse können da kaum aufkommen. Und dass man abends nach Hause geht und noch weiter über das Projekt sprechen kann, empfinde ich als Luxus. In künstlerischen Berufen gibt es doch ohnehin keine echte Trennung zum Privaten, da vermischt sich alles. Ich verstehe, dass man das als anstrengend empfinden kann. Aber für mich hat es etwas Bereicherndes.
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