Netflix: »Ozark« Staffel 4
© Steve Dietl/Netflix
Das Prinzip ist bekannt, nicht zuletzt aus »Breaking Bad«. Statt des krebskranken Chemielehrers steht hier ein unschuldig gestrauchelter Finanzberater im Zentrum. Der rechtschaffene Familienvater Marty Byrde (Jason Bateman) wird von seinem Geschäftspartner in die dunklen Geschäfte eines mexikanischen Drogenkartells hineingezogen, während er mit der Untreue seiner Frau Wendy (Laura Linney) zu kämpfen hat. Als herauskommt, dass der Partner Geld unterschlagen hat, wird er von den Drogendealern umstandslos erschossen. Marty jedoch kann sich retten, indem er dem Clan verspricht, fortan Drogengelder für sie zu waschen. Dazu muss er seine Heimatstadt Chicago verlassen und zieht in die abgelegenen Ozarks, zu den Hillbillys und Einfaltspinseln. Eine ideale Ausgangsposition, so scheint es, für weitreichende Geschäfte zwischen Spielkasinos, einem Bestattungsinstitut und einer Stiftung mit wohltätigem politischem Engagement.
Ähnlich wie in »Breaking Bad« geht es nun für Marty und seine Familie darum, der Spirale des Verbrechens zu entkommen. Der Unausweichlichkeit des Krebses steht hier eine legale Lösung gegenüber. Innerhalb von fünf Jahren soll Marty 500 Millionen Dollar waschen, dann ist er frei und kann mit seiner Familie nach Chicago zurückkehren. Man ahnt jedoch, dass Reste des Verbrechens an dieser Familie kleben bleiben werden.
Denn nach und nach steigen auch die Kinder in das Geschäft ein, die 18-jährige Tochter übernimmt ein Casino und der 14-jährige Sohn, ein Genie am Computer, beginnt nun seinerseits Geld von einem Konto aufs andere zu verschieben und für eine lokale Drogenproduzentin zu waschen. Aber es gibt noch einen weiteren großen Unterschied. Während sich Walter White in »Breaking Bad« tatsächlich zu einem Verbrecher entwickelt, bleibt Marty Byrde ein anständiger Mensch, der das Geschäft von den Leiden, die es verursacht, abkoppeln will. Immer dann, wenn er in die Ecke getrieben wird und es keinen Ausweg mehr zu geben scheint, außer zu schießen, entscheidet er sich dafür, schonungslos die Wahrheit zu sagen. Dadurch überträgt er die Bedrohung durch das Drogenkartell auf sein Gegenüber. Und selbst dem Sheriff wird klar, dass er Marty besser zur Seite steht, als die Wut mexikanischer Drogenbosse auf ein kleines Örtchen in den Ozarks zu lenken.
Das besondere an »Ozark« ist das geschickte Changieren zwischen den Genres. Denn die Kriminalgeschichte bildet den großen, alle vier Staffeln übergreifenden Bogen. Darunter aber entwickelt sich ein ganz durchschnittliches innerfamiliäres Drama, das nur wenig mit Martys kriminellen Machenschaften zu tun hat, doch immer wieder darauf zurückgeblendet wird. So durchbrechen immer wieder drastische Thrillerelemente den langweiligen, wenn auch naturschönen Alltag in der Provinz. Schon in den ersten Tagen, als Sohn Jonah einmal nicht aufpasst, wird den Byrds ihr gesamtes Geld aus dem Hotelzimmer gestohlen. Das ist allerdings so viel, dass den Dieben ganz anders wird und sie es, nachdem sie erfahren, wer der wahre Besitzer ist, schnell zurückgeben. So bilden sich immer weitere Kreise in der dann doch nicht so harmlosen Provinz zwischen lokalen Dealern, Mohnanbauern und einem mafiaähnlichen Mob. Und immer öfter heißt es »if you gotta shoot, shoot«.
Der Teufelskreis zwischen Problemen, momentaner Lösung und daraus sich entwickelnden neuen Problemen lässt die Figuren nicht zur Ruhe kommen. In der seit Januar verfügbaren ersten Hälfte der 4. Staffel nimmt mit dem näher rückenden Finale auch das Gewaltniveau zu. Es bleiben noch sieben Folgen, in denen all das, was die Byrdes sich aufgebaut haben, zerschlagen werden kann. Die ersten Szenen einer jeden Folge blicken verrätselt in die Zukunft. Da gibt es ein Büro in Chicago, das Marty zu mieten gedenkt, einen aggressiven Neffen des Drogenbosses, eine unberechenbare FBI-Agentin und einen unaufgelösten Autounfall. Es bleibt spannend.
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