Kritik zu Plan A – Was würdest du tun?

© Camino Filmverleih

Die israelischen Filmemacher Yoav und Doron Paz erzählen in ihrem Spielfilm von der wenig bekannten jüdischen Widerstandsgruppe Nakam, die nach dem Krieg millionenfache Rache für die Verbrechen der Deutschen nehmen wollte

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Was ist Gerechtigkeit? Was Rache, Vergeltung, Sühne – angesichts von mehr als sechs Millionen unschuldig ermordeten Menschen? Es sind Fragen, die aktuell wieder diskutiert werden, jetzt, da eine 96 Jahre alte ehemalige KZ-Sekretärin wegen ihrer NS-Verbrechen vor Gericht steht. Rache steht im Mittelpunkt des bewegenden Historiendramas »Plan A« der israelischen Regisseure Yoav und Doron Paz – und die Frage, in welcher Beziehung Rache und Gerechtigkeit stehen.

Basierend auf dem Buch »Vengance and Retrubition are Mine« der Chefhistorikerin von Yad Vashem, Dina Porat, erzählt der Film die Geschichte des jüdischen Geheimbundes Nakam – das hebräische Wort für Rache. Die Gruppe deutsch-polnischer Juden und Holocaust-Überlebender plante nach Kriegsende, die Verbrechen an den Juden zu vergelten. Ihr Plan A bestand darin, über die Wasserversorgung deutscher Großstädte als Vergeltung für sechs Millionen jüdischer Ermordeter sechs Millionen Deutsche zu vergiften. Er scheiterte.

Im Zentrum steht eine fiktive Figur: der Schoah-Überlende Max (August Diehl), der sich im norditalienischen Tarvisio der Gruppe mit ihrem – realen – Chef Abba Kovner anschließt. Max hat seine Frau und seinen kleinen Sohn verloren, sein Haus wird von einer wohlgenährten deutschen Familie belagert, die ihn vom Hof jagt. Noch in Italien hilft er der jüdischen Brigade der britischen Armee, deutsche Kriegsverbrecher zum Reden zu bringen. »Gib ihnen Hoffnung, und sie tun alles für dich«, rät er. Es ist das perfide Spiel erfolgreiche Kriegsführung: Wer Rettung verspricht, erhält Loyalität – und tötet am Ende doch. Max selbst hat jegliche Hoffnung verloren. »Ich will Rache, ich verdiene das«, sagt er einmal. Später ist die Gruppe in Nürnberg, um den Anschlag vorzubereiten. Doch es kommen der Gruppe Zweifel, ob Mord tatsächlich mit Mord gesühnt werden kann. 

Die Brüder Paz erzählen von verlorenen Menschen: noch nicht bereit, ein neues Leben in Israel zu beginnen, sich zu rächen, indem sie das Leben feiern, eine neue Generation gestalten. In Deutschland schlägt ihnen noch offener Judenhass entgegen, und doch wollen sie ihre einstige Heimat nicht aufgeben. In düsteren Bildern erzählt der Film von diesen inneren Kämpfen, immer ganz nah am ausgemergelten, von schrecklichen Erlebnissen gezeichneten Gesicht Diehls. Ihm zur Seite steht die schöne Ana (Sylvia Hoeks), nachts von Alpträumen und Schuldgefühlen gequält, weil sie ihren siebenjährigen Sohn nicht retten konnte. Max und Ana finden sich in ihrer Trauer. Das ist erwartbar und zeigt später vor allem, dass zarte Bande verletzbar machen.

»Plan A« ist ein aufwühlendes Drama, filmisch eher konventionell, aber wichtig. Denn es zeigt nicht nur, dass die deutsche Gesellschaft nach Ende des Krieges eben nicht durchweg geläutert und reumütig war. Es erzählt auch von Jüdinnen und Juden nicht als passiven Opfern, sondern zeigt sie als mutig und widerstandsfähig, als Menschen, die auch mit dem urmenschlichen Sinnen nach Rache umgehen müssen. Ein Narrativ, das bislang selten ist.

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