Buch-Tipp: Moritz Holfelder – Strand des Kinos
Wer einmal bei den Filmfestspielen von Venedig war, wird den Zauber dieses Festivals nicht vergessen. Man tritt aus einer Vorführung tagsüber vom Dunkel des Kinos ins gleißende Licht, vorn das Meer und auf der anderen Seite die Lagune mit den vielen kleinen Inseln und dem Blick auf den Markusdom. Doch Venedig ist nicht Cannes, das ja auch am Meer liegt, irgendwie, sondern viel gemütlicher, nicht so rummelig und nicht so wichtigtuerisch. Und im Grunde ist der Lido, die der Stadt vorgelagerte Insel, auf der das Festival stattfindet, eine ganz biedere italienische Kleinstadt, gar nicht so pittoresk wie die große Stadt entlang des Canal Grande, ein Ort, der auch während der Tage des Festivals seinen eigenen geruhsamen Gang pflegt.
Der Journalist und Filmkritiker Moritz Holfelder hat in seinem Fotoband, eingeleitet von einem impressionistischen Essay von Katja Nicodemus, das Flair dieser Tage und das Davor und Danach eingefangen. Es ist kein Band, der Stars bis zum Abwinken präsentiert, solche Fotos gibt es natürlich auch, sondern ein Buch, das eine unvergleichliche Atmosphäre heraufbeschwört, von den nächtlichen Badekabinen bis zu Außenaufnahmen des Palazzo del Cinema oder des Casinó, wo Arbeiter letzte Hand anlegen. Und Holfelder fotografiert gern Menschen: die Toilettenfrau eines Strandcafés, eine ältere Dame, die sich für ihren Cafébesuch in Schale geworfen hat, oder eine Gruppe älterer Männer, die unbeirrt vom Festivalbetrieb an der Spiaggia Blue Moon Karten spielen. Immer wieder hat Holfelder auch in kontrastreichem Schwarz-Weiß fotografiert – und gerade von den Aufnahmen, auf denen vordergründig wenig drauf ist, geht eine besondere Poesie aus.
Moritz Holfelder: Strand des Kinos. Der Lido, die Lagune & die Filmfestspiele von Venedig. Dussa Verlag, Riesen 2021. 120 S., 18 €.
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