Netflix: »Schnelles Geld«
»Schnelles Geld« (Serie, 2021). © Netflix
Gegensätze können sehr reizvoll sein. Doch das Wechselbad der Gefühle, das die Geschäftsfrau Leya (Evin Ahmad) tagtäglich durchlebt, setzt Maßstäbe. Eben noch telefoniert die allein erziehende Mutter verzweifelt nach einem kurzfristig einspringenden Babysitter. Einige Atemzüge später hebt sie ab mit einem Helikopter, der sie zur Besprechung mit einem exzentrischen Investor bringt.
Dieses Aufeinanderprallen unterschiedlicher Welten bildet den roten Faden der schwedischen Thriller-Serie »Schnelles Geld«. Inspiriert wurde der Sechsteiler von Jens Lapidus' Romantrilogie »Easy Money« über einen Hochstapler, der ein Doppelleben als Gangster führt. Aus dem Taxifahrer der Vorlage wurde in »Schnelles Geld« eine junge Frau, die zwischen allen Stühlen sitzt. Die 30-jährige Evin Ahmad verkörpert – und das mit Verve – eine libanesischstämmige Schwedin, die im migrantischen Milieu krimineller Clans ebenso zu Hause ist wie in der gehypten Start-up-Szene.
Abends jobbt Leya im Restaurant eines ihrer zahlreichen Verwandten. Tagsüber teilt sie sich ein exklusives Büro in der quirligen Szene junger Kreativer. Der Übergang zwischen aufgekratzten KI-Tüftlern und wichtigtuerischen Aufschneidern ist hier fließend. Doch Leya sticht heraus. Deshalb will der angesagte Investor Tomas Storm (Olle Sarri) ihr Konzept finanzieren. Dazu muss Leya aber erst einen Teilhaber auszahlen. Wider besseres Wissen borgt sie sich eine Stange Geld von ihrem Schwager Ravy (Dada Fungula Bozela). Doch der Drogendealer, der gerade in einen Bandenkrieg verwickelt ist, erpresst die eigene Schwägerin, weil er mit ihr einen Fuß in die Tür des seriösen Geschäftslebens bekommen will.
Die Serie wirft Blicke in die schwedische Parallelgesellschaft, wo Gemüseläden als Tarnung für Drogengeschäfte fungieren. Glaubhafte Nebenfiguren verdeutlichen, wie unverdächtig erscheinende Kinder als Kuriere abgerichtet werden. In einem der stärksten Momente zeigt »Schnelles Geld«, wie das 15-jährige Milchgesicht Tim (Ali Alarik) fasziniert ist von der Welt dieser coolen Gangster. Bis er miterlebt, wie einer Frau mit dem Hammer die Kniescheiben zertrümmert werden.
Blutige Schießereien stehen im grellen Kontrast zu Einblicken in die prätentiöse Start-up-Szene, wo Computernerds in designten Wohlfühl-Oasen vermeintlich geniale Ideen ausbrüten. Dabei zeigt die Serie leider auch empfindliche Defizite. So ist bis zum Ende völlig unklar, welche Geschäftsidee Leya mit ihrem Start-up überhaupt zur Marktreife bringen will. Das flockige Gerede über einen Börsengang und Gelder, die über Dubai verschoben werden, bleibt daher unglaubwürdig. Spannend ist die Serie aber dennoch. Die Liebesgeschichte zwischen Leya und Salim (Alexander Abdallah), einem sympathischen Gangster mit Burnout, hat ihre Momente.
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