Film des Monats Dezember: »Vater – Otac«
Der Tagelöhner Nikola macht sich von seinem Wohnort zu Fuß auf den Weg nach Belgrad. Das sind 300 Kilometer. Ausgerüstet ist er mit einer Flasche Wasser und einem Kanten Brot. Beim zuständigen Ministerium will er die Rückgabe seiner Kinder einfordern, die ihm das Jugendamt weggenommen hat, nachdem seine Frau aus Verzweiflung über die Armut ihrer Familie vor den Augen der Arbeitgeber ihres Mannes einen Selbstmordversuch unternommen hat. Dass er auf diesem Weg, trotz aller Entbehrungen, nicht verhungert und nicht der Gewalt zum Opfer fällt, sondern auf unerwartete Weise von anderen Menschen Hilfe erfährt, das liegt an seiner Art, ihnen zu begegnen. Ohne viele Worte, ohne Feindseligkeit, aber auch ohne Unterwürfigkeit setzt Nikola seinen Weg Schritt für Schritt fort. Selbst die Wölfe, auf die er trifft, wittern in ihm einen außergewöhnlichen Menschen und lassen ihn unbehelligt. So erreicht Nikola Belgrad und wird sogar im Ministerium empfangen. Zugleich verfehlt er sein eigentliches Ziel, denn bei der Rückkehr in seinen Heimatort schert sich die zuständige Behörde nicht um die Anweisung aus der Hauptstadt. Das Ende bleibt dennoch offen.
Dass dieser Film, der ohne Musik und ohne dramatische Höhepunkte auskommt, den Zuschauer in Atem hält und fesselt, das ist dem Hauptdarsteller, Goran Bogdan, zu verdanken, vor allem aber dem Drehbuch und der Regie, die viele gängige Erwartungen unterlaufen und Klischees vermeiden. Am deutlichsten wird dies, als Nikola nach Hause zurückkehrt, nur um sein Haus von den Nachbarn ausgeplündert vorzufinden, worauf er auf eine völlig unerwartete Weise reagiert. Allein diese Szene macht den Film des Drehbuchautors Ognjen Sviličić und des Regisseurs Srdan Golubović sehens- und empfehlenswert. Einen Film, der nachdrücklich zeigt, dass es auch im Zeitalter der digitalisierten Effekte möglich ist, mit einfachen Mitteln nachhaltig wirkende Geschichten zu erzählen und eindrucksvolle Bilder zu gestalten.
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