Streaming-Tipp: »Für Umme«
»Für Umme« (Serie, 2019). © Kater Film/Amazon
Der arbeitslose Schauspieler Mo Mikkelsen erwacht angekettet in einer Badewanne. Zu sehen sind unappetitliche Details. Ein Mann mit S/M-Ledermaske schließt die Handschellen auf. Die surreale Szene, mit der die Serie »Für Umme« beginnt, ist keine Einladung für Liebhaber der gediegenen Komödie. Mit dieser grellen Duftmarke adressiert sich die Comedy an ein Nischenpublikum. An Zuschauer, die sich vorstellen können, welch skurrile Demütigungen ein Nachwuchsdarsteller auf Jobsuche hinnehmen muss.
Es geht um die Niederungen des Filmund Fernsehgeschäfts, geschildert aus der Perspektive eines Akteurs, »den wir aus unzähligen Filmen nicht kennen, weil er beim Casting durchgefallen ist«, wie es einmal heißt. Michael Schumacher, bekannt aus mediokren Fernsehfilmen, verkörpert diesen verpeilten Möchtegernakteur Anfang 30, der in jedes Fettnäpfchen tritt und so jede sich ihm bietende Chance verspielt.
Solch luxuriöse Nöte eines postadoleszenten Jugendlichen, der den Anschluss ans Erwachsenenleben verpasst hat, kennt man eigentlich. Dank der großartigen Comedyserie »Fett und Fett« von Chiara Grabmayr und Jakob Schreier liegt die Messlatte für dieses Sujet hoch. »Für Umme«, was so viel heißt wie umsonst, setzt jedoch erfrischend neue Akzente. So geht es in den skurrilen Castings, in denen Mo jeweils abgelehnt wird, immer um Spezialkönnen – etwa um das Aufsagen von Zungenbrechern wie »Der Kaplan klebt klappbare Pappplakate«.
Wie spielt man jemanden, der so etwas nicht kann? Das Problem erinnert an die Frage, wie man Langeweile darstellt, ohne zu langweilen. »Für Umme« umschifft diese Klippe grandios. Jede der elf knackigen Episoden, die mit ihrer zehnminütigen Länge an die kurzen Spannungsbögen von Kai Wiesingers Webserie »Der Lack ist ab« anknüpfen, übertrifft die vorangegangene. Dabei beginnt jede Folge so, dass man denkt: Das ist so schlecht, das kann nicht funktionieren!
Oliver Korittke etwa verkörpert einen kunstbeflissenen Regisseur namens James Jarmers, der Mo in einer Art Nouvelle-Vague- Porno besetzen will. Eine Anspielung an die Independent-Ikone Jim Jarmusch. Haha! Sehr witzig. Doch dann legt die Serie immer noch eine Schippe drauf. Vor der Kamera, so die Pointe, ist Mo ein Versager. Doch wenn er im Alltag in die Rolle einer Frau schlüpft oder einen Arztkittel überzieht, dann läuft er zur ungeahnten Hochform auf. Dank punktgenauer Dialoge bekommen diese slapstickhaften Scharaden ein erstaunliches Tempo. Sächselnde Ossis mit Laktoseintoleranz, militante Lesben und eine schwarze Mafiapatin werfen sich im Screwballrhythmus die Bälle zu. Das hat Witz.
Trotz des sichtbar schmalen Budgets ist »Für Umme« hochkarätig besetzt, unter anderem mit Martin Semmelrogge, Sabine Vitua, Philipp Sonntag, Heiko Pinkowski und der unwiderstehlich guten Gisa Flake. Die Story dieser rotzfrechen, ungeschliffenen Dramedy spiegelt sich übrigens in ihrer steinigen Entstehungsgeschichte. Eine Pilotfolge entstand bereits 2013, dann wurde Geldgeber eoTV insolvent, aber nun fand sich mit Amazon endlich ein Auswerter.
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