Retrospektive: »Duel in the Sun« (1947)
Eine Selznick-Produktion, sagt der Vorspann; »King Vidor's Duel in the Sun« postuliert er; »screen play by the producer« wird festgestellt. Dazu zwei 2nd Unit-Regisseure, und im Programmheft wird auch William Dieterle als zweiter Hauptregisseur genannt. Ob er der einzige zweite Regisseur in dieser so vielfach angeleiteten Großproduktion war? Vidor wurde zwischendurch jedenfalls gefeuert. Dennoch stellt Bert Rebhandl im Buch zur Retro fest: "»Duel in the Sun« stellt zweifellos einen Höhepunkt in King Vidors Schaffen dar". Oder, wie es Rajendra Roy nannte: Selznicks Versuch, die Kinomagie von 1939 zu reproduzieren, von »Gone With the Wind«, mit diesem »great work of Americana«.
Roy ist Vertreter des Museum of Modern Art, denn dort wurde »Duel in the Sun« kürzlich restauriert. Und nicht einfach nur für 'ne Blu-ray-Auswertung oder so: Nein, gezeigt wurde ein brandneue 35mm-Kopie in der Version der ursprünglichen Roadshow-Fassung, mit Ouvertüre und musikalischem Ausklang (wenn auch ohne Intermission).
Wirkt der Film heute noch? In Teilen.
Man kann ein paar pathetische Szenen lächerlich finden. Man kann genervt sein von der ständigen Musikbegleitung, und man kann abgestoßen sein von dem Rassismus, mit dem das dumme schwarze Hausmädchen dargestellt wird. Haha, man braucht halt auch 'nen comic relief, da muss halt das Quasi-Sklavenmädchen herhalten! Diese Seite des Films passt so gar nicht zu dem implizit verachtungsvoll dargestellten bösen Rassismus des Großgrundbesitzers…
Auf dessen Ranch verschlägt es Jennifer Jones als »Halbblut« Pearl – »Pearl? Woher kommt der Name? Hatten deine Eltern keinen Blick für Farbe« – das ist einer der ersten Sätze von Senator McCanles. Der hat zwei Söhne, Joseph Cotten und Gregory Peck, und zwischen den beiden wird sich Jennifer Jones aufreiben. Eine Frau Gottes oder eine der Sünde – in einer Moralpredigt fragt das der »Sinkiller«-Pfarrer, und wie sie zerrissen ist! Wie der Film im Ganzen die Zerrissenheit zeigt. Zwischen dem eleganten Anwalt und dem wilden Cowboy, die Männlichkeit gutgekleideter Höflichkeit und die Männlichkeit des Pokerspiels, der Pferdetricks und des aufgezwungenen Kusses; die Undiszipliniertheit sei halt der Charm des Westerners, sagt die Mutter, und keine Frage, welcher der Söhne der Liebling des Senators ist. Zumal Joseph Cotten die Eisenbahn ins Land bringen will, dann kommen Schulen, dann eine Stadt. Gregory Peck dagegen will die Freiheit des Landes, nur dass er uramerikanische Individualismus bei ihm degeneriert ist zur Selbstsucht. Kulturleistung durch Triebverzicht – oder tun, was man will, ohne Rücksicht. Pearl aber findet das geil, zuweilen, ist dann wieder abgestoßen. Bis das kommt, was der Titel verspricht: Aus Hass und Liebe bringen sie sich um, unter der Sonne, auf den schroffen Felsen.
Und ja: Das wirkt. Die Bilder überhaupt, das herrliche Technicolor. Sie mit grünen und gelben Kleidern, oder im roten Top, wenn sie den Boden wischt und den Hintern in die Kamera hält, da, wo Peck steht, der Mann mit der Zigarette im Mund, der sich Pearl nimmt, wie er will…
Eine tolle Kopie des Filmes: Der als Blockbuster des Goldenen Hollywoodzeitalters konzipiert war – allerdings mit seinem hochsexualisierten Inhalt nicht für Kinder geeignet, anders als die heutigen Bombastfilme... Seltsam nur, dass über die Overtüren-Musik gesprochen wird, der Film erklärt sich selbst mit seiner Legendenhaftigkeit und den zerrissen Charakteren des Westens und der »transgression of the laws of god and men«… Waren die Leute damals schon so ungeduldig, die paar Minuten Musik ohne Bild nicht aushalten zu können?
Das wird aber wieder wettgemacht durch die Überblendzeichen: Die sind mit Strahlenkranz umgeben, wie die heiße Sonne der heißen, tödlichen Hassliebe.
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