Kritik zu Tal der Skorpione
Eine Menschenjagd in der Wildnis: aus den Überlebenden des Spiels wollen Wissenschaftler einen Übermenschen klonen. Ein Actionfilm made in Germany, außerhalb des Förderungsssystems entstanden, mit einem hohen Trash-Faktor
Graf Zaroff begab sich – in »The Most Dangerous Game« (1932) – auf seiner Insel noch alleine auf Menschenjagd, erst mit John Woos »Harte Ziele« (1993) und Ernest Dickersons »Surviving the Game« (1994) wurde die Menschenjagd im Kino als perverses kollektives Vergnügen für dekadente Reiche etabliert. Nun kommt mit »Tal der Skorpione« eine deutsche Variante in die Kinos, die oft wie eine Parodie auf das Actionkino der achtziger Jahre wirkt – dabei ist es ihr eher ernst gemeint. Sie bemüht sich sogar noch um philosophische Vertiefungen, wenn die allseits bekannte Geschichte vom Frosch und dem Skorpion erzählt wird und die Menschenjagd vermeintlich höheren Zwecken dient, will doch ein Brüderpaar aus den Chromosomen desjenigen, der als letzter Überlebender aus dem Spektakel hervorgeht, eine neue Rasse züchten.
Der Autor und Regisseur Patrick Roy Beckert (Jahrgang 1990), der zudem für den Schnitt verantwortlich zeichnet und als »Sajoscha« auch noch eine der Hauptrollen übernommen hat, ist Autodidakt, kommt vom Schauspiel und hatte das Ganze laut Produktionsinformation zunächst nur als kleines Werk im Freundeskreis geplant. Nun ist daraus ein mit 130 Minuten überlanger Actionfilm geworden, der hauptsächlich daraus besteht, dass mit großkalibrigen Feuerwaffen geballert wird, was das Zeug hält und zwischendurch vermeintlich coole Sprüche geklopft werden. Ein wenig Spannung entsteht immerhin dadurch, dass die Fronten zwischen Gut und Böse manchmal fließend sind, dass sich Beteiligte auf die andere Seite schlagen oder sich mehrfach neue Fronten bilden. Bei der »Jagdbeute« handelt es sich um Kriminelle, die entführt und in diesem Wald ausgesetzt wurden, ausgewählt, weil sie keine Familie haben und sie niemand vermissen wird. Bei den Jägern reicht das Spektrum von altgedienten Profis bis zu einem jungen Geschwisterpaar, das von ihrer Mutter hierhergeschickt wurde um »den Ernst des Lebens kennenzulernen«.
Unter den Darstellern befinden sich Ralf Richter, Claude-Oliver Rudolph und Martin Semmelrogge, einst allesamt durch Wolfgang Petersens »Das Boot« zu Ruhm gekommen und in späteren Jahren dem Trash nicht abgeneigt, sowie Mathieu Carriére, der einmal mehr einen dekadenten Großbürger verkörpert und als Finanzier des Unternehmens schlicht den Titel »Der Billionär« trägt (was auf gut Deutsch ja ein Milliardär ist). Ansonsten zählen dazu eine Reihe aus dem Umfeld von Promi-Formaten des Privatfernsehens; wie »Germany's Next Top Model«. Man kann den Enthusiasmus der Beteiligten bewundern, fragt sich aber doch auch, für wen dieser Film gemacht ist: für Videothekenkunden, die dort feststellen müssen, dass der jüngste Film mit Steven Seagal derzeit ausgeliehen ist (oder die Filiale gerade dichtgemacht hat)? Auf jeden Fall ein Kuriosum. Die Ankündigung am Ende des Nachspanns, »Breakdown Forest« (so der internationale Titel) will return« klingt allerdings mehr wie ein Drohung.
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