Veranstaltungs-Tipp: Andres Veiel. Streitbare Zeitbilder

Andres Veiel. Foto: Arno Declair

Andres Veiel. Foto: Arno Declair

Anlässlich des Erscheinens des Buchs »Andres Veiel. Streitbare Zeitbilder« von Claudia Lenssen spricht der Regisseur am 3. April in der Akademie der Künste Berlin mit seinem Kollegen Andreas Dresen. 

Als »einer der eigenwilligsten und erfolgreichsten Autorenregisseure der deutschen Filmlandschaft  nach der Wiedervereinigung« wird Andres Veiel von der Autorin Claudia Lenssen im ersten Satz ihres Buches, der ersten Monografie über den Regisseur, charakterisiert. Kernstück des Buches ist ein 56seitiges Gespräch zwischen Lenssen und Veiel. Das ist höchst informativ und lässt auch das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden erkennen. Veiel spricht von seinem strengen Vater und dem Bedürfnis, anders als viele 68er, die Auseinandersetzung mit den eigenen Vätern nicht nur auf gesamtgesellschaftlicher Ebene, sondern eben auch in der eigenen Familie zu führen. Wir erfahren von seinem daraus erwachsenden frühen Interesse an Psychologie, auch warum er nach dem Diplom keine Doktorarbeit verfasste, und wie das mit seiner Gründung einer Theatergruppe in der Psychiatrie der Haftanstalt Berlin-Tegel während seines Studiums zusammenhing. Wir erfahren etwas von der Filmarbeit im Künstlerhaus Bethanien unter der Anleitung von Krzysztof Kieslowski, auch von der Notwendigkeit, sich schließlich von diesem Lehrer zu emanzipieren. Schon mit seinen beiden frühen Kurzfilmen, 1982 und 1984 entstanden, verstand sich Veiel als »Katalysator«, der auch durch die Art, diese ans Publikum zu bringen, Akzente setzte, und für den Filme »Erkenntnislabore sind, nicht zuletzt für mich selbst«: 

Seine Arbeit an einem Projekt (neben sieben abendfüllenden Dokumentarfilmen und einem Spielfilm sind das fünf selbstgeschriebene und -inszenierte Theaterstücke) beginnt mit »intensiven Recherchen«, in seine Dokumentarfilme fließen Erzählmuster des Spielfilms ein, was auch schon mal dazu führt (bei »Die Spielwütigen«), dass seine Protagonisten ihm vorwerfen, sie mit »spielfilmähnlichen Drehanweisungen« zu traktieren. Er begreift sich durchaus als »Antreiber«, auch wenn das im Lauf der Zeit weniger wird, er gerade bei seinen Theaterarbeiten zunehmend auf Zusammenarbeit setzt. Seine bekannteste Theaterarbeit dürfte »Der Kick« sein, nicht zuletzt durch die Kinoadaption des Stoffes. Theater sieht Veiel als »Refugium für schwierige Stoffe« und als Möglichkeit, »interventionistische Formen« (Lenssen) auszuprobieren. 

Dem Gespräch folgt ein kommentiertes Werksverzeichnis, vom kurzen Videofilm »Machbar« (1982) bis zum bislang letzten Film, »Beuys« (2017) und dem letzten Theaterstück »Let them eat money« (2018). Eine wichtige Quelle, um die umfangreichen Vorarbeiten aber auch die sich ergebenden Probleme bei der Realisierung darzustellen, ist nicht zuletzt das (wohl ziemlich umfangreiche) Privatarchiv von Veiel. In seiner Detailgenauigkeit ist das höchst spannend zu lesen, wirft aber auch viele Fragen auf, gerade was die Rolle des Regisseurs im dokumentarischen Bereich anbelangt. Ein höchst anregendes Buch – schade, dass hierzulande solche Publikationen viel zu selten genutzt werden, um die Filme im Zusammenhang zu zeigen. 

Das Buch erscheint am 3. April, am selben Abend findet in der Berliner Akademie der Künste (Hanseatenweg) um 19 Uhr eine Veranstaltung statt: ein Gespräch zwischen Andres Veiel und Andreas Dresen, moderiert von Claudia Lenssen.


 


Claudia Lenssen: »Andres Veiel. Streitbare Zeitbilder.«
Schüren Verlag, Marburg 2019, 319 S., € 28.
Bestellmöglichkeit (JPC)

 

 

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