Kritik zu Jane
Brett Morgan porträtiert in seiner Dokumentation Leben und Arbeit der bekannten Primatenforscherin Jane Goodall, unterstützt von seltenen Aufnahmen aus dem Archiv
Der US-Paläoanthropologe Louis Leakey erhielt 1957 Forschungsgelder, um in Afrika Menschenaffen in freier Wildbahn zu studieren. Er erhoffte sich Aufschlüsse über das Verhalten des frühen Menschen. Und weil er eine dem bisherigen akademischen Prozedere in diesem Feld gegenüber unbefangene Person auf dem Forschungsposten haben wollte, schickte er seine 26-jährige Sekretärin nach Tansania. Die hatte – bis dahin – nie eine Universität besucht, aber eine heftige Passion für Tiere und Afrika. Ihr Name: Jane Goodall.
Einige Jahre später reiste auch der von ähnlichen Leidenschaften geprägte Fotograf und Filmemacher Hugo von Lawick im Auftrag des »National Geographic« in die Berge von Gombe, um die Arbeit der unkonventionellen Affenforscherin zu dokumentieren. Lawick drehte die grandiose Landschaft und die Affen, bunte Vögel und Insekten. Und er drehte die kokett mit dem Fernglas posierende und mit kurzen Hosen durch das tropische Gestrüpp hüpfende Jane – mit offensichtlich fasziniertem Blick. Bald sind die beiden ein Paar. Diese von Lawick gedrehten und 1965 schon einmal veröffentlichten 16-mm-Arbeiten sind die faszinierende Grundlage dieses Dokumentarfilms von Brett Morgan. Ergänzt werden sie durch andere, in schnellem Takt vorgelegte Archivmateralien wie Zeitungen, in denen die Forscherin trotz bahnbrechender Entdeckungen etwa über den Werkzeuggebrauch von Primaten als hübsches Fräulein (»comely miss«) und Ähnliches verniedlicht wurde.
In »Jane« nun spricht Goodall selbst entweder aus dem Off oder in einem aktuellen Interview, wo sie retrospektiv das für sie fast traumhafte Erlebnis dieser Jugend beschreibt. Das Leben in der Wildnis Afrikas sei schon als Kind ihre größte Sehnsucht gewesen, die Realisierung durch den damaligen Auftrag also fast ein Wunder, das dann allerdings durch harte Arbeit und Entschlossenheit ergänzt wurde.
Bis zum ersten näheren Kontakt mit den Schimpansen brauchte es fünf der ursprünglich für den Aufenthalt angesetzten sechs Monate. Doch dann intensiviert sich das Verhältnis schnell. An erfreulich vielen der wesentlichen Stationen dieses gegenseitigen Kennenlernens ist Lawick mit der Kamera dabei: beim Aufspüren von Termiten mit einem Stöckchen, bei der Nachwuchspflege oder als einer der »Chimps« in die Forschungsstation eindringt und mit scheinbarem Unrechtsbewusstsein Bananen stiehlt.
Aber es gibt auch weniger lustige Dinge wie eine aus sicherem Versteck gefilmte Affenrandale im Camp und später die bittere Erkenntnis, dass schon unsere äffischen Vorfahren ihre Machtkämpfe mit roher Gewalt austrugen. Auch in Goodalls am Rande miterzähltem Privatleben ging keineswegs alles glatt. In ihren späteren Jahren wirbt sie mit ihrer Stiftung »Roots & Shoots« für den bewussten und behutsamen Umgang mit anderen Lebewesen. Die von der Regie eingesetzte und von Philip Glass komponierte musikalische Überwältigungsstrategie des Films passt zu solch programmatischer Behutsamkeit allerdings nicht und ist zeitweilig so penetrant, dass man den Ton ganz abdrehen möchte. Mit Untertiteln geht das.
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