Kritik zu Wer war Hitler
Im Spielfilm und im Geschichtsfernsehen ist Hitler ein Dauerbrenner. Aber seriöse Kinodokumentationen hat es kaum gegeben. Jetzt stellt Hermann Pölking einen monumentalen biografischen Hitler-Film vor
Unter den Figuren der Geschichte ist Adolf Hitler so etwas wie der Popstar. Es hat, gerade in den letzten beiden Jahrzehnten, eine Überfülle von Spielfilmen gegeben, vom naiven »Untergang« (2004) bis hin zu satirischen Dekonstruktionen wie Speer und er oder »Mein Führer – Die wirklich letzte Wahrheit über Adolf Hitler«. Und Guido Knopps ZDF-Geschichtsredaktion hat Hitlers Leben bis zum Überdruss auserzählt, von den Krankheiten bis zu den Frauen. War er doch schwul? Hatte er nur einen Hoden? War sein Leibarzt an allem schuld? Das sind so Fragen, die bis heute durch Dokus und Bücher geistern.
Dabei hat es bislang nur zwei wirklich ernstzunehmende Kinodokumentationen gegeben, wie der Regisseur von »Wer war Hitler«, Hermann Pölking, immer wieder betont hat: Erwin Leisers »Mein Kampf« von 1959 und Joachim Fests »Hitler – Eine Karriere« knapp zwanzig Jahre später, ein Film, den man von den Quellen bis hin zum verwendeten Bildmaterial (Wochenschauen) heute durchaus kritisch sehen muss. Pölking selbst hat auf dem Münchner Filmfest in diesem Jahr sein monumentales Epos »Wer war Hitler« vorgestellt, in einer siebeneinhalbstündigen Festivalfassung. In die Kinos kommt jetzt eine dreistündige Version, für das Fernsehen hat er zehn Stunden in petto.
Auch Pölking folgt der Vita des »Führers «, von seiner Geburt im österreichischen Braunau am Inn bis zu seinem Tod in Berlin, 1889–1945, gegliedert in 14 Kapitel (in der Kinoversion). Aber Pölking geht anders vor als seine Vorgänger. Er hat das Leben Hitlers gewissermaßen kontextualisiert. »Wer war Hitler« ist vor allem ein Hörfilm, montiert aus Äußerungen von Zeitgenossen über ihn, von seiner Privatsekretärin bis hin zu Politikern wie Winston Churchill. Die werden von unterschiedlichen Sprecherinnen und Sprechern vorgetragen, der erläuternde Offkommentar wird spärlich eingesetzt. Es gibt auch Zitate aus Hitler-Texten, vor allem aus »Mein Kampf«, die der Schauspieler Jürgen Tarrach mit deutlicher Anspielung an den pathetischen Hitler-Akzent intoniert.
Auf der Bildebene sind die Aufnahmen von Hitler nur ein Teil von vielen. Pölking vertraut nicht nur den Wochenschauen, die den Diktator in Pose zeigen. Unter das Archivmaterial, das der Film ausschließlich verwendet – 40 Prozent sollen noch nie gezeigt worden sein –, schmuggelt Pölking schon einmal einen Sketch von Charlie Chaplin. Man kann dem Film vorwerfen, dass er im Unterschied zur Tonebene (wo die Zitierten stets vorgestellt werden) selten die Anlässe der bewegten Bilder benennt, wie etwa bei einem Fackelzug durch das Brandenburger Tor im Jahr 1933, der später nachgestellt wurde. Und oft sind die Schnipsel so schnell zusammengeschnitten, dass sie kaum Zeit haben zu wirken. Aber gerade die Montagen der Aufmärsche und Straßenkämpfe in den späten Tagen der Weimarer Republik sind beeindruckend und sagen etwas über die Zurichtung der Menschen in dieser Zeit aus. Das Ornament der Masse, wie es Siegfried Kracauer einmal genannt hat. »Hitler: das ist der Mob, der Nietzsche gelesen hat«, wird Alfred Kerr zitiert.
Es gibt auch ungewöhnliches Material. Der Film beginnt mit der Aufstellung eines neuseeländischen Maori-Bataillons vor seiner Einschiffung für den Kampf gegen Nazideutschland. Und zur Zeit der Sudetenkrise zeigt Pölking die Hochzeitsreise eines Leipziger Paares im Faltboot auf der Oder, die Hakenkreuzfahne auf dem Bug, die lieblichen Ufer im Blick. Auch diese Unbefangenheit gehörte wahrscheinlich zur deutschen Befindlichkeit bis weit in den Krieg hinein. Es gibt natürlich auch Aufnahmen vom Obersalzberg, mit einem eher linkischen Hitler und Eva Braun im Badeanzug. Aber allzu viel Hitler privat vermeidet Pölking ebenso wie allzu wohlfeile Psychologie. Warum der Antisemitismus auf einmal zum Thema für Hitler wird, erklärt der Film nicht. Dafür zeigt er die Erschießungen durch die Einsatzgruppen und das Verhungern in den Ghettos und Kriegsgefangenenlagern. »Wer war Hitler« bleibt, wenn man so will, angenehm an der Oberfläche. Schließlich ist der Titel des Films ja auch keine Frage.
Kommentare
WER WAR HITLER
Sehr geehrte Damen und Herrn,
nachdem das Jahr 2018 sich dem Ende entgegen neigt und leider bisher ihre Dokumentation WER WAR HITLER als Serie noch (immer) nicht im TV gelaufen ist und dieselbig leider auch in keinem mir bekannten Online Shop käulich zu erwerben ist, möcht ich auf diesem Wege höflich anfragen wann ich denn mit einer Ausstrahlung bzw ein Angebot der Serie auf Bluray in HD Auflösung (1920x1080p) erwarten darf???
Um eine Antwort wird höfflichst gebeten!!!
LG
ein Fan ihrer Produktion
P.S.: Die Kinversion mit ca 180min ist für mich absolut uninteressant, auch die längere Festivalfassung (450 Min) wäre für mich nur eine Notlösung!!! Meiner Auffassung nach ist nur die Serie mit ca. 13 Folgen á 50min von Interesse, denn wer sich für Geschichte interessiert möchte natürlich auch die längst möglich mühvoll erstellte und restaurierte Doku-Version sehen !!!
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