Nahaufnahme von Riley Keough
»Logan Lucky« (2016). © Studiocanal
Als Elvis' Enkelin und Michael Jacksons Stieftochter schien Riley Keough die Musikkarriere in die Wiege gelegt, aber die 28-Jährige zeigt in Steven Soderberghs »Logan Lucky« erneut, dass ihr eigentliches Talent das Kino und die Darstellung machtbewusster junger Frauen ist
Für junge Schauspielerinnen gilt mehr noch als für alle anderen im Showbusiness: Sie müssen sich ihrem Publikum sympathisch machen. Sei es mit dem Charme der Ungeschicklichkeit wie Jennifer Lawrence oder als taffes, aber rechtschaffenes Girl wie Kristen Stewart und Shailene Woodley. Riley Keough ist da erfrischend anders, weil sie sich um den Sympathiewert ihrer Rollen kaum zu scheren scheint. Einen ihrer einprägsamsten Auftritte hatte sie in Andrea Arnolds »American Honey« (2016). Mit schlecht gelauntem, stark geschminktem Gesicht und einem Blick, der noch die frechsten der sie umgebenden jungen Männer zum Schweigen bringt, ist sie als Krystal der Inbegriff einer »Bitch«. Aber sie ist zugleich die rare Figur einer jungen Frau mit Macht. Diese Krystal hat die Truppe der »Drücker«, denen sie vorsteht, fest in ihrer Hand. Wie sie sich die Autorität verschafft hat, bleibt im Dunkeln, aber klar wird, dass es nicht durch Nettsein geschah. Wann immer Krystal auftaucht, fällt die Temperatur des Films, der in der schwülen Hitze des amerikanischen Midwest spielt, um gefühlte zehn Grad. Mit dieser Mischung aus Eisigkeit und Dominanz stahl Keough in ihren wenigen Szenen der Hauptdarstellerin Sasha Lane die Schau, die in ihrer warmen Mädchenhaftigkeit dem Bild des aufstrebenden Starlets viel eher entsprach.
Es liegt fast allzu nahe, diese Bereitschaft zum Unsympathischen mit Keoughs biografischem Hintergrund zu erklären. Um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit musste sie als Enkelin von Elvis Presley noch nie buhlen. 1989, zwölf Jahre nach dessen Tod als Tochter von Lisa Marie Presley und deren erstem Ehemann Danny Keough geboren, hat Riley Teile ihre Kindheit nicht nur auf dem sagenhaften Graceland verbracht, sondern auch auf dem anderen der legendären Musikeranwesen, Neverland. Heiratete ihre Mutter doch gleich nach der Scheidung von Keough Michael Jackson. Riley ist sich ihrem privilegierten Status im Übrigen durchaus bewusst: »Ich war eines der Kinder, die dachten, dass sie je nach Lust und Laune Präsident von England werden könnten, wenn sie groß sind. Dann, als ich mit der Schauspielerei anfing, habe ich entdeckt, dass das Leben hart ist und die Leute oft gemein sind. Und dass es in England keine Präsidenten gibt und ich keine Britin bin.«
Tatsächlich ist die Schauspielerei schon die zweite Karriere von Keough, die als 14-Jährige für Dolce und Gabbana über die Laufstege schritt. Im Biopic über die Girlband »The Runaways« gab sie mit 20 dann ihr Leinwanddebüt in der Rolle der Marie Currie. Gegenüber Orlando Bloom als Kurpfuscher spielte sie danach ihre erste Hauptrolle im schlecht besprochenen »The Good Doctor«. Gute Kritiken bekam auch ihr nächstes Projekt nicht, die »Teenager-Lesben-Werwolf-Liebesgeschichte« »Jack and Diane«. Das erste Mal Eindruck machte sie als rosa-haarige Nora in Steven Soderberghs »Magic Mike«, wo sie den »unschuldigen« Alex Pettyfer ins leichtfertige Leben verführt. In George Millers »Mad Max: Fury Road« gibt sie eine der fünf »Wives« und wirkt mit ihren wilden roten Haaren weniger modelhaft denn »capable«, wie auch ihr Rollenname lautet.
Wirklich zeigen, was sie als Schauspielerin drauf hat, konnte sie dann endlich in der Serie »The Girlfriend Experience« (2016) die auf Soderberghs Film von 2009 basierte und für die sie eine Golden-Globe-Nominierung bekam. Keough beeindruckt dadurch, wie sie mit kalter Ausstrahlung einen berechnenden Charakter und zugleich die Fragilität ihrer Figur ausstellt. Ganz schlau wird man aus ihrer ins Escort-Business wechselnden Studentin nie, aber sie fesselt die Aufmerksamkeit in jeder Einstellung.
Dass sie ihre »White Trash«-Persona auch mit Südstaatenwärme kombinieren kann, belegt sie nun in Soderberghs »Logan Lucky« als die kleine, aber fähige Schwester von Channing Tatum und Adam Driver. Und im Oktober gibt es im dystopischen Independent-Film »It comes at Night« gleich die nächste Gelegenheit, sich von ihrem großen Talent zu überzeugen. [UPDATE: Der Start von »It comes at Night« wurde auf den 18. Januar 2018 verschoben]
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns