Kritik zu 40 Tage in der Wüste
40 Tage können sich ganz schön in die Länge ziehen: Rodrigo Garcías stille Meditation über die letzten Tage Jesu Christi hat erstaunlich wenig zu erzählen
Kontemplativ, karg, ereignisarm – die Adjektive, die einem zu Rodrigo Garcías Jesus-Film in den Sinn kommen, stellen wahrlich keine Nähe zum Kino eines Paul Verhoeven her. Und doch weckt »40 Tage in der Wüste« Assoziationen zu einem langjährigen Projekt, mit dem das holländische Enfant terrible den Gottessohn ganz und gar vermenschlichen wollte. Verhoeven, dem zweifellos ein üppiges Zeitgemälde und eine physische Tour de Force vorgeschwebt hatte, fand keine Finanzierung für seinen Film und schrieb am Ende ein Buch, in dem er die Jesus-Biografie von allem Übersinnlichen befreite. Jesus, das war für ihn eine charismatische, aber irdische Gestalt, kein Wunderheiler, sondern ein Rebell, der meist auf der Flucht war und öfter mal eine Dusche gebraucht hätte.
Garcías Regiearbeit, die mit zweijähriger Verspätung zu Ostern in die deutschen Kinos kommt, wirkt wie eine entschleunigte Sequenz aus dem unrealisierten Verhoeven-Projekt, beseelt von einer ähnlichen Haltung, aber getrieben von einem anderen Stilempfinden. Auch Garcías Yeshua, wie er im Film genannt wird, ist ein Mann aus Fleisch und Blut, ein asketischer Eremit und zweifelnder Sinnsucher. Bis zum Schluss bleibt offen, ob er im göttlichen Auftrag unterwegs ist oder nicht doch bloß seiner eigenen fixen Idee folgt. Ihm haftet nichts von dem biblischen Pathos an, mit dem sich das US-Kino dem Mythos für gewöhnlich nähert, zuletzt in Kevin Reynolds' wundertriefendem »Auferstanden«.
Stattdessen ist es eine farblose Erscheinung, die da in braunes Tuch gehüllt durch die endlosen Weiten einer staubigen Felswüste stapft und noch einmal meditative Einkehr hält, bevor es zum blutigen Endspiel nach Jerusalem geht. Yeshua, angenehm zurückhaltend und erstaunlich passend gespielt von Ewan McGregor (immerhin ein blauäugiger Schotte), findet in der äußeren Leere zunächst nur seine inneren Dämonen – einen imaginären Doppelgänger und kleinen Teufel, mit dem er buchstäblich über Gott und die Welt spricht. Schon da kristallisiert sich heraus, dass García, hier auch sein eigener Autor, sich wieder einmal vor allem für den Generationenkonflikt interessiert (nicht zufällig heißen zwei seiner Filme »Fathers and Sons« und »Mütter und Töchter«): Jesus hat, nun ja, ein sehr spezielles Vaterthema, und dieses findet seine metaphorische Entsprechung auch in der Familie, auf die er nach handlungsleerer Exposition schließlich trifft. Ein Handwerker (Ciarán Hinds), seine Frau (Ayelet Zurer) und ihr Sohn (Tye Sheridan) leben und arbeiten in trister Zurückgezogenheit, der Vater erwartet, dass der Sohn in seine Fußstapfen treten wird, doch der hat andere Wünsche und Pläne.
»40 Tage in der Wüste« ist eine ziemlich zähe Angelegenheit. So dankbar man dem Film für all das ist, was er nicht sein will – naiv, schwülstig, bombastisch –, so sehr wünscht man sich leider auch, dass er anders wäre, als er ist – nämlich langsam, flach und nichtssagend.
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