Kritik zu Do Not Resist
Widerstand zwecklos: In den USA verwandelt sich der Polizeiapparat sukzessive in eine militärische Macht. Craig Atkinsons Doku untersucht die Zusammenhänge zwischen Terrorbekämpfung, Kapitalinteressen und dem Verlust von Bürgerrechten
Craig Atkinsons Dokumentation beginnt im Sommer 2014 in Ferguson, Missouri. Die Todesschüsse eines Cops auf den 18-jährigen Schüler Michael Brown liegen zehn Tage zurück, und immer noch rumort es in den Straßen. Trotz Ausgangssperre demonstrieren die Menschen gegen die sinnlose Polizeigewalt, während die Ordnungsmacht mit Panzerfahrzeugen und hochgerüsteten Spezialeinheiten dagegenhält. Die Stimmung ist explosiv, als könne jeden Moment ein Bürgerkrieg ausbrechen. Die rohen, ungelenken Bilder von Atkinsons Kamera muten futuristisch an, wie aus einem postapokalyptischen Schreckensszenario. Aber es besteht kein Zweifel: Dies sind die heutigen USA, ein Land, in dem der Ausnahmezustand zur Normalität geworden ist.
Atkinsons Film betreibt Ursachenforschung. Der Regiedebütant, selbst Sohn eines ehemaligen Polizisten, geht der Frage nach, wie sich die US-Polizei seit den Anschlägen vom 11. September 2001 verändert hat. In kurzen Szenen widmet er sich den unterschiedlichen Facetten des Themas. Bei einer Polizeischulung schwört ein prominenter Ausbilder die Rekruten auf den Einsatz von Gewalt ein und verspricht ihnen den besten Sex, den sie je hatten. Ein SWAT-Team in Florida stürmt eine vermeintliche Drogenhochburg, findet nichts, hinterlässt aber Scherben, Trümmer und verstörte Nachbarn. Bei der Tagung der Polizeipräsidenten schwadroniert ein Redner über die »Monster«, die da draußen ihr Unwesen treiben und die es zu erledigen gelte. Und in einem winzigen Nest in New Hampshire tagt der Gemeinderat, um über die Anschaffung eines BearCat-Panzers abzustimmen. Zahlreiche besorgte Bürger tragen kluge Gegenargumente vor, aber am Ende stimmen die Verordneten mit 11:4 dafür.
»Do Not Resist« reiht diese und viele andere Szenen additiv aneinander. Atkinson, der auch sein eigener Kameramann und Produzent ist, agiert investigativ wie Michael Moore, bleibt selbst aber unsichtbar und verzichtet auch auf einen Offkommentar. Den Film realisiert er im Stil eines Nachrichtenmannes, verwackelte Bilder, Unschärfen und rabiate Schnitte inklusive. Trotz seiner ungewöhnlichen Kürze von nur 72 Minuten wirkt er gelegentlich redundant.
Erst allmählich kristallisiert sich das zentrale Sujet heraus – die scheinbar grenzenlose Militarisierung der Polizei –, aber Atkinson kann darauf vertrauen, dass wir seine unstrukturiert wirkenden Szenen trotzdem mit großem Interesse verfolgen. Denn gerade das offene Nebeneinander schärft den Blick für die Komplexität der Zusammenhänge, außerdem ist es wirklich erstaunlich, wo Atkinson überall zugelassen wurde und wie viele Beamte und Verantwortliche ihm Ungeheuerlichkeiten ins Mikrofon diktieren.
Im Ganzen entsteht dabei der Blick auf eine zerrissene Nation, die im Namen der Terrorbekämpfung Unsummen für innere Aufrüstung ausgibt und Bürgerrechte immer weiter dezimiert. Als aktueller Nebeneffekt wird dabei deutlich, dass ein Präsident wie Donald Trump (der hier anders als Barack Obama noch keine Erwähnung findet) kein zufälliger Irrtum, sondern die logische Folge der Historie ist.
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