Serien-Tipp: »The 100«
Immer grimmiger und beklemmender werden die filmischen Endzeitvisionen, immer verzweifelter widersetzen sich die letzten Menschen ihrem Aussterben. Längst bietet die Vorstellung vom Ende der Welt durch Viren, Zombies, Aliens, Klimawandel und atomare Verseuchung auch den Serienautoren jede Menge Stoff, immer häufiger wird in Serien wie »Jericho«, »The Tribe«, »Dark Angel«, »Falling Skies«, »The Walking Dead«, »True Blood« und »Revolution« ums Überleben unter extremen Bedingungen gekämpft, zunehmend auch in Serienversionen von Spielfilmen wie »Terminator« und »Snowpiercer«.
So sollte Jason Rothenberg auf Basis der Romanserie von Kass Morgan eine Art »Tribute von Panem« fürs Seriengeschäft konzipieren, wobei die Australierin Eliza Taylor als Vorbild und Anführerin nicht annähernd dieselbe Tiefe und Präsenz entwickelt wie Jennifer Lawrence. Da die Serie von CW, einem Gemeinschaftsunternehmen von CBS und Warner Brothers, auf den Weg gebracht wurde, geht es zunächst um schöne, athletische Teenager, die gefährliche Dinge tun und dabei im Eiltempo alle möglichen Liebeskonstellationen durchlaufen. Überhaupt wirkt vieles erst mal klischee- und formelhaft, doch mit der Zeit gewinnt das Szenario an Tiefe und Nuancen.
Im Jahre 3010, 97 Jahre nachdem die Erde durch einen globalen Atomkrieg unbewohnbar wurde, umkreisen die letzten Überlebenden die Erde in »The Ark«, einer aus 12 Raumstationen zusammengesetzten Weltraumarche. Da sich die Ressourcen dem Ende zuneigen, werden 100 delinquente Jugendliche auf die Erde geschickt: Wie Kanarienvögel in der Kohlemine sollen sie herausfinden, ob sie wieder besiedelt werden kann. Die grün überwucherte Welt, die sie vorfinden, mutet zunächst wie das Paradies an, birgt aber eine Fülle unsichtbarer Gefahren. Bald stellt sich heraus, dass es in den Urwäldern noch andere überlebende Menschen gibt. Während in der »Ark« die Erwachsenen mit Reminiszenzen an »Battlestar Galactica« ums Überleben ringen, müssen die Jugendlichen auf der Erde sich im Stil von »Lost« durchschlagen und ähnlich wie in William Goldings Klassiker »Herr der Fliegen« Wege des Zusammenlebens ausprobieren. Wie im All kommen auch auf Erden die Überlebenden immer wieder an den Punkt, an dem sie harte Entscheidungen treffen müssen: Um welchen Preis wollen sie überleben? Wie viele Menschen können sie für das Weiterleben der Spezies opfern, ohne ihre Menschlichkeit einzubüßen?
Dabei bietet das Serienkonzept viel Spielraum für Weiterentwicklungen. Mit größerem Radius tauchen immer mehr bizarre Populationen auf, ein wilder Stamm sogenannter Treepeople, die von den aus dem Himmel gefallenen Skypeople bald als Grounders bezeichnet werden, blutrünstige Reapers, Mountainpeople, die sich im unterirdischen Schutzbunker von Mount Weather verbarrikadieren, und schließlich ein fernes Arkadien in der City of Light. Je größer der Druck wird und je weiter die Verwilderung, aber auch die Überlebensfähigkeit der Jugendlichen fortschreitet, desto interessanter, differenzierter werden sie. Während einige schwächere Figuren sehr früh der natürlichen Auslese zum Opfer fallen, wachsen die anderen an ihren Aufgaben, wobei es schön ist zu sehen, wie Octavia (Marie Avgeropoulos), die in der Ein-Kind-Gesellschaft der Ark das einzige Geschwisterkind ist, sich zunehmend tribalisiert, wie ihre seidig langen Haare immer kunstvoller nach Stammestradition geflochten sind, Dreck und Kriegsbemalung ihre oberflächliche Schönheit durchdringen und ihr ganzes Auftreten immer ungestümer, kämpferischer und wilder wird, nicht zuletzt auch durch ihre Liaison mit einem der Krieger der Grounders. Als in der zweiten Staffel auch die Bewohner der Weltraumarche auf der Erde landen, entwickeln sich neue Grabenkämpfe: Der Erfahrungsvorsprung der Jugendlichen kollidiert hart mit dem autoritären Führungsanspruch der Erwachsenen. Der Fantasie im Writers Room sind keine Grenzen gesetzt, noch bewegen sich die Überlebenden ausschließlich auf amerikanischem Boden.
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