Kritik zu Watermark
Die Kriege um das Wasser haben erst begonnen. Denn der wichtigste aller Rohstoffe wird knapp und damit die Grundlage allen Lebens auf dem Planeten
Wasser ist eine Leidenschaft des Fotografen und Künstlers Edward Burtynsky, der mit seinen oft großformatigen Arbeiten zum Verhältnis von Natur und industriell geprägten Landschaften und Lebenswelten in Museen weltweit zu Gast ist. 2006 realisierte er gemeinsam mit der Filmemacherin Jennifer Baichwal das Filmprojekt Manufactured Landscapes, das auf einer gleichnamigen Fotoausstellung beruhte. Jetzt kamen die beiden wieder zusammen – zu einem aufwendigen Dokumentarfilm über den Umgang des Menschen mit dem Wasser, bei dem Burtynsky die Koregie übernahm, das Fotografieren aber (erneut) dem Produzenten und Kameramann Nicholas de Pencier überließ, dessen präzise und kraftvolle Bilder zur Qualität des Films wesentlich beitragen.
Das beginnt mit den ersten Einstellungen von grafischer Qualität, die herabdonnernde Wassermassen eines chinesischen Megastaudamms zeigen – erst stumm, dann mit ansteigender akustischer Wucht. Schnitt – auf das Delta des Colorado River in Mexiko. Dort berichtet eine Anwohnerin, wie sich einst Fischschwärme im Wasser tummelten. Jetzt reißt der spröde Boden auf, Tiere und Menschen sind jeder Lebensgrundlage enthoben. Grund ist die Wasserentnahme in den USA weiter oben am Fluss zur Energiegewinnung und Bewässerung der extensiven Landwirtschaft in der Wüste. Dabei entsprechen die Namen von All-American Canal oder Imperial Valley durchaus den praktischen Realitäten.
Weitere Stationen des Films sind unter anderem: die chemieverseuchten Abwässer eines Gerbereiviertels in Dhaka. Ein Wasserwächter in den Reisfeldern von Yunnan. Eine Forschungsstation auf Grönland, wo aus Tausenden Metern Tiefe geborgenes »ancient ice« zur Erforschung von Klimawechseln dient. Die gewaltigen Hightech-Steueranlagen einer touristischen Springbrunnenanlage in Las Vegas. Und Burtynsky selbst bei der Arbeit an seinem Buchprojekt zum Thema Wasser. Dabei sind auch die Bilder des ökologischen Schreckens oft atemberaubend schön, weil sie – ob im Detail oder aus der Luft aufgenommen – auf Genauigkeit und Detailreichtum statt auf Überwältigung (wie manchmal bei Glawogger oder Geyrhalter) zielen. Kommentare kommen von den Menschen an den Orten selbst. Auch das meist zurückhaltende Sounddesign zielt seltener als in ähnlichen Filmen allzu suggestiv in Richtung Bedrohung.
Inhaltlich enthält sich Watermark jeglicher esoterischer Schlenker und zeigt neben dem globalen ökologischen Szenario auch die geopolitischen Hierarchien: Die Lederarbeiter in Bangladesch tragen selbst keine Schuhe, wenn sie in den Kloaken herumstapfen. Und es sind die indigenen Gemeinschaften, deren naturnahe Lebensräume zuerst zerstört werden. Wie die kanadischen Hochgebirge, wo nicht nur nach indianischer Mythologie die Lüfte in neues Wasser umschlagen und von denen am Ende des Films eine lange spektakulär schöne Flugreise durch einen herbstlichen Canyon ins Ungewisse führt.
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